Es ist der 24. September 2014, wir sind auf einem tollen Campingplatz in West Beach, Adelaide. An diesen Tag werden wir uns noch lange erinnern, denn heute hat Dari seine ersten Schritte gemacht. Ganz alleine, ohne an der Hand zu laufen. Es waren zwar nicht viele, aber ganz eindeutig ist es jetzt vorbei mit unserer Ruhe. Man könnte an uncooleren Orten laufen lernen als in Adelaide, finden wir.

Der nächste Tag beginnt leider nicht so schön wie der letzte aufgehört hat und wir beschließen, schon heute Richtung Norden aufzubrechen statt noch ein paar Tage an der sonnigen Küste zu verbringen. Da wir das sagenumwobene Outback bereits wenige Meter hinter den Stadtgrenzen von Adelaide vermuten, füllen wir unsere Vorräte im Supermarkt auf: Wir kaufen Windeln, Feuchttücher, Wasser, Brot, Obst, Müsli, eben alles, was wir in den nächsten beiden Wochen nur noch für viel teurer bekommen werden.

Auf der A1 an der Küste entlang kommen wir so gut voran, dass wir heute sogar bis nach Port Augusta durchfahren können. Auf unserem Zeltplatz dort ist es deutlich trockener, staubiger und wärmer als bisher. Außerdem machen wir mit etwas Bekanntschaft, über das wir uns in den nächsten Wochen noch so aufregen werden, dass es uns einen eigenen Artikel wert ist.

Ebenso Bekanntschaft machen wir mit etwas anderem, über das wir uns zwar nicht aufregen, uns aber doch oft wundern. Es geht um die ursprünglichen Bewohner Australiens, die Aborigines. Die ersten beiden, die wir sehen, stehen vor uns an der Kasse im Woolworths in Port Augusta und scheinen aus einer anderen Welt zu sein. Obwohl einigermaßen modern gekleidet und mit einer Kreditkarte ausgestattet, übergehen sie völlig teilnahmslos alle Floskeln und allen Smalltalk, der Down Under einfach immer und überall dazugehört, eben auch an der Supermarktkasse.

Wir verlassen die Hafenstadt Port Augusta um kurz vor 12 Uhr mittags und sind auf dem Stuart Highway (A78), auf dem man – ohne auch nur ein Mal abzubiegen – direkt bis nach Alice Springs durchfahren könnte. Wenn wir uns in Adelaide mit der Nähe des Outbacks noch kräftig getäuscht haben, so liegen wir spätestens jetzt richtig. Es dauert keine 5 Kilometer, bis wir das Gefühl haben, jegliche Zivilisation hinter gelassen zu haben. Links und rechts die rote Erde und die typischen Bäume und Sträucher, die man von den Fotos kennt.

Wir passieren ein paar riesige Salzseen, die auf der Landkarte meist aber gar nicht eingezeichnet sind. Alle paar Kilometer sehen wir ein totes Känguru am Straßenrand liegen. Die Qualität des Straßenbelags auf dem zweispurigen (für jede Fahrtrichtung eine Spur) Stuart Highway ist bis auf ganz wenige Ausnahmen deutlich besser als jeder einzelne Kilometer der Great Ocean Road. Selbst mit unserem Camper, in dem zwangsläufig alles irgendwo wackelt und Geräusche verursacht, können wir jetzt ganz entspannt fahren. Meistens stellen wir den Tempomat auf gemütliche 90 km/h ein, damit sich auch unser Verbrauch in Grenzen hält. Schneller als 100 km/h (in South Australia) bzw. 110 km/h (im Northern Territory) dürfte man sowieso nicht fahren, und wenn wir jemandem zu langsam sind, hat er mehr als genug Möglichkeiten zum Überholen.

Dass unser Internet-Router und die Handys noch Empfang haben, wundert uns sehr, als wir am frühend Abend nördlich von Glendambo einen Rastplatz anfahren. Heute wollen wir zum ersten Mal einfach so an der Straße schlafen, ohne Campingplatz, ohne externe Küche, Dusche oder Toilette. Zwei andere Camper sind schon da, ältere Australier, die das eigene Land bereisen und gerne ein Schwätzchen mit uns halten. Ein paar Minuten später kommt noch ein völlig durchgeschwitzter Fahrradfahrer dazu. Er stammt aus Irland und fährt nicht mit dem Auto oder mit dem Bus durchs Outback wie andere, sondern eben mit dem Fahrrad. Jeden Tag schafft er zwischen 100 und 150 km, das ist unter den Umständen, die wir bald noch kennenlernen werden, eine beachtliche Leistung.

Unsere erste Nacht ist gar nicht so outback-romantisch, wie wir sie uns vorgestellt haben, da die langen Road Trains auch nachts vorbeibrettern und zumindest mich mit meinem leichten Schlaf oft aufwecken. Die Nacht ist wie immer viel zu früh vorbei, Dari weckt uns um 6:30 Uhr. Wir frühstücken im Camper, packen unsere Sachen und sind schon wieder auf der Straße. Noch 3 Stunden sind es bis zu einem illustren Ort, vor dem man uns bereits gewarnt hat. „Coober Pedy’s not for everyone“, sagte am Vorabend noch einer unserer Nachbarn. Fakt ist, dass Coober Pedy zwar nicht so groß ist wie eine richtige Stadt, aber doch über alles verfügt, was man in einer Stadt erwarten würde: Banken, Supermärkte, Campingplätze, Restaurants, Tankstellen. Es ist die einzige Stadt dieser Größe auf dem Weg von Port Augusta nach Alice Springs und markiert ungefähr die Hälfte dieser Strecke durchs Outback. Mehr über diesen wahrlich speziellen Ort könnt ihr demnächst in unserem Artikel über Coober Pedy erfahren.

Erst nach 3 weiteren Stunden erreichen wir den nächsten auf der Karte eingezeichneten Ort. Er heißt Marla und tatsächlich gibt es davor nicht einen Hauch von Zivilisation, die Karte lügt also nicht. Marla ist zwischen Coober Pedy und Alice Springs auch der einzige Ort mit Handyempfang. Wir machen uns auf dem Rastplatz ein paar Rühreier zum Mittagessen und essen ungetoastetes Toastbrot dazu. Viel mehr als den Rastplatz gibt es hier sowieso nicht zu sehen und wir sind gut in der Zeit. So gut, dass wir beschließen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen: Schaffen wir es heute noch bis nach Alice Springs? In einem Rutsch von Coober Pedy bis zu unserem nördlichsten Ziel?

Es bläst ein ganz ordentlicher Sturm aus Nordosten, der unseren Ken sehr durstig werden lässt. Er schluckt jetzt bei starkem Gegenwind gerne 25 Liter Diesel pro 100 km statt der üblichen 15. Trotzdem überqueren wir zeitig die Grenze zwischen South Australia und dem Northern Territory (beide Links zu Wikipedia), machen immer wieder Stopps zum Fotografieren und fluchen über die Milliarden von Fliegen, die uns anfallen, wenn wir die Tür unseres Campers auch nur einen Spalt aufmachen. Schon nördlich von Marla haben wir statt der recht öden Outback-Buschlandschaft hier und da mal einen Berg gesehen, jetzt wird es mehr Vegetation mit jedem Kilometer, den wir uns Alice Springs nähern.

Wir erreichen unser Ziel um 18:45 Uhr, es ist gerade dunkel geworden. Viel länger hätten wir nicht fahren wollen, mit jeder Minute steigt nach der Abenddämmerung die Chance auf einen Unfall mit einem Tier auf Futtersuche, das den Highway überqueren möchte. Unser Tageskilometerzähler zeigt 689 km. Das ist unser persönlicher Rekord, selbst mit unserem kleinen Van an der Ostküste auf der ersten Weltreise haben wir so viel nicht an einem Tag geschafft. Mit Dari im Kindersitz sollen solche Strecken auch die Ausnahme bleiben. Wir sind froh, dass er uns nicht übelnimmt, dass er heute die meiste Zeit sitzend verbringen musste.

Noch beim Abendessen genießen wir die gemütlichen 25 Grad draußen, es kühlt nur langsam ab auf 15 Grad früh morgens, was uns einen sehr entspannten Schlaf beschert. Am nächsten Morgen frühstücken wir um 7:30 Uhr draußen vor unserem Camper bei strahlendem Sonnenschein. Viele unserer Nachbarn sind aber schon lange wach, das Camperleben beginnt mit dem Sonnenaufgang und ist nichts für Langschläfer. Wie gut, dass wir mit Dari einen natürlichen Wecker an Bord haben.

Ganze 3 Tage bleiben wir in der gemütlichen kleinen Stadt in der Mitte des großen Kontinents auf einem Campingplatz mit dem passenden Namen „G’Day Mate Caravan Park“. Wir schlendern durch die Stadt, waschen unsere staubige Wäsche und machen einen Ausflug zur Simpsons Gap in den West MacDonnells, wie ihr in unserem Artikel nachlesen könnt.

Hier findet ihr unsere Outback-Fotos der 1.200 km von Adelaide nach Alice Springs: