Eine Stunde nach der Landung an Bangkoks neuem Flughafen Suvarnabhumi haben wir unsere Einreisestempel im Pass und stehen am Taxischalter auf Ebene 1. Früher wären wir wohl mit dem Bus in die Stadt gefahren, jetzt aber ist es 2:00 Uhr nachts und Dari weiß gar nicht, wie ihm geschieht vor lauter Zeitverschiebung, Menschenmassen und Lärm. Wir investieren lieber das Geld für ein Taxi, wir wissen ja ungefähr, wie viel es kosten wird. Dachten wir zumindest.

Früher ging man einfach auf die stickige Straße und suchte sich aus Hunderten Taxis eines aus. Jetzt gibt es eine wirklich sinnvolle Neuerung am Taxistand: Jeder Fahrer muss sich schon bei der Einfahrt mit einer Codekarte anmelden und bekommt einen Parkplatz zugeteilt, auf dem er mit seinem Fahrzeug wartet. Die Fahrgäste bekommen ihr Taxi zugewiesen, indem sie ein Ticket ziehen, auf welchem der Parkplatz des Taxis, das Autokennzeichen und der Name des Fahrers vermerkt sind. Das ist ungemein praktisch, durch ein solches System wäre die Auffindung unseres beinahe verlorenen Kinderwagens in Singapur am Anfang unserer Reise deutlich einfacher gewesen.

Wir ziehen unser Ticket, laufen ein paar Meter durch die schwüle Nachthitze, verstauen unser Gepäck im Kofferraum und auf dem Vordersitz und sitzen im kühlen Taxi. In unserem Lieblingshotel Feung Nakorn Balcony haben wir ein Zimmer reserviert. Der Fahrer fährt los und checkt bei der Ausfahrt mit seiner Codekarte aus. Mitten in der Nacht ist überraschend wenig los auf Bangkoks Straßen, die Fahrt dauert gar nicht lange. Die 75 THB (ca. 2 Euro) für die Benutzung des Highways übernehmen wir, ordnungsgemäß händigt uns der Fahrer die Belege aus.

Nur eine halbe Stunde später parken wir vor unserem Hotel. Wir wissen von früher, dass es vom Flughafen bis hierher ungefähr 35 km sind, ein Grund für verkehrsbedingte Umwege besteht nachts nicht. Jetzt sehen wir, dass das Taxameter stolze 67 km anzeigt. 67 km in einer halben Stunde? Das wäre ein Schnitt von 134 km/h, was selbst über den Highway nicht möglich ist. Ganz davon abgesehen, dass es nicht erlaubt ist. Statt der üblichen 250-300 THB wird ein zu bezahlender Preis von 490 THB angezeigt.

Wir fühlen uns wie in einer Zeitmaschine, denn vor knapp 4 Jahren saßen wir genau an derselben Stelle in einem Taxi und sind auf diesen Trick hereingefallen. Damals hatten wir gerade meine Eltern vom Flughafen abgeholt, sie reisten für 3 Wochen mit uns durch Thailand und Kambodscha. Natürlich könnten auch aus Versehen zu kleine Reifen montiert worden sein, welche zusätzlich so abgefahren sind, dass sich ihr Umfang inzwischen halbiert hat. Nein, das können wir mit Sicherheit ausschließen. Dieser Fall ist klar: Das Taxameter wurde manipuliert!

Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass Taxifahrten mit fest ausgehandelten Preisen immer teurer sind als Fahrten mit Taxameter. Dafür kann man sich mit dem Taxameter nie darauf verlassen, dass der Fahrer den kürzesten Weg nimmt. Eine Extrarunde ist schnell gedreht und fällt in einer Millionenstadt wie Bangkok nicht auf. Ob die Benutzung des Taxameters vorgeschrieben ist oder nicht, interessiert in Südostasien ohnehin niemanden (mit der Ausnahme von Singapur). Es gibt durchaus Tageszeiten und Fahrziele, wo man überhaupt keinen Fahrer findet, der bereit ist, das Taxameter anzuschalten. Man könnte meinen, dass man mit dem Taxameter also immer besser fährt als ohne. Und dann kommen die manipulierten Taxameter und rauben einem auch diese Illusion. Am Ende würde man dadurch noch mehr bezahlen als mit Festpreis. Wie macht man es also richtig? Dazu kommen wir später.

Da sitzen wir, nachts um 2:30 Uhr im Taxi mitten in Bangkok, es ist heiß und schwül und wir wollen eigentlich nur noch ins Bett. Wie kommen wir aus dieser Situation möglichst elegant wieder raus? Bezahlen und uns abzocken lassen? Den Taxifahrer darauf hinweisen, dass wir nicht auf diesen Trick hereinfallen? Die Polizei rufen? Mit den Daten auf unserem Ticket (Name des Fahrers) morgen zur Polizei gehen?

Es gibt eine ganze Menge zu bedenken:

  • Abzocken lassen wir uns nicht.
  • Wir könnten es uns zwar leisten und es ist nach deutschen Verhältnissen vielleicht nicht sehr viel Geld, aber dieses Argument lassen wir nicht gelten.
  • Der Fahrer könnte einfach wegfahren und unser Gepäck, das im Kofferraum und auf dem Vordersitz verteilt ist, als Pfand benutzen.
  • Der Fahrer könnte bewaffnet sein oder ein Thaiboxer.
  • Wir respektieren die thailändische Kultur wie jede andere auch, in der wir zu Gast sind. Deswegen wollen wir den Fahrer keineswegs bloßstellen oder ihm gegenüber laut werden.

Ich überlege eine Weile und treffe eine wichtige Entscheidung: Ich übernehme das. Ich sehe schon die Fetzen fliegen, wenn Marsi mit ihrem feurigen bosnischen Temperament den armen Taxifahrer rundmachen würde. Stattdessen lassen wir uns nichts anmerken, steigen aus dem Wagen und laden gemütlich unser Gepäck aus. Ein freundlicher Hotelmitarbeiter hilft uns dabei. Marsi verschwindet mit Dari um die Ecke zur Rezeption.

Ich bleibe alleine beim Fahrer und erkläre ihm ruhig und sachlich, dass es vom Flughafen hierher nur halb so weit ist wie auf dem Taxameter angezeigt wird und dass ich vermute, dass das Taxameter manipuliert wurde. Ich frage ihn, wie viel denn jetzt zu bezahlen wäre und bekomme als Antwort ein überraschendes „Up to you“. Ich soll mir also aussuchen, wie viel mir diese Abzocke wert ist? Dieser Fuchs weiß doch ganz genau, was los ist! So läuft das natürlich nicht! Ich mache ihm einen Vorschlag: Er soll hier kurz warten, während ich von der Rezeption aus schnell die Touristenpolizei anrufe, die sich um den Fall kümmern wird. „Okay“, höre ich ihn sagen. Ich gehe langsam um die Ecke Richtung Rezeption. Noch bevor ich dort ankomme, höre ich, wie der Fahrer seine Tür zuschlägt und eilig davonfährt.

Das Ergebnis: Wir sind zufrieden und haben außer den 75 THB für den Highway nichts bezahlt, die Fahrt war also recht günstig für uns. Der Fahrer ist glimpflich aus der Sache herausgekommen und hat einen kleinen finanziellen Verlust erlitten, wofür wir aber kein Mitleid übrighaben. Alle haben ihr Gesicht bewahrt und keiner ist zu Schaden gekommen.

Wir werden für mehr als 3 Monate in Südostasien unterwegs sein und sind uns sicher, dass uns dieser Trick heute nicht zum letzten Mal begegnet ist. So viel sei schon jetzt verraten: Überraschend oft fahren wir in Bangkok umsonst Taxi, weil der Fahrer uns übers Ohr hauen will.

Wie macht man es also richtig? Wie entgeht man dieser Masche? Wenn ihr unsere Traumteiler-Taxi-Tipps befolgt, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen:

  • Wenn möglich, immer aufs Taxameter bestehen und nur in unvermeidbaren Ausnahmefällen zu Festpreisen fahren.
  • Schon vor dem Einsteigen auf dem Smartphone für GPS-Signal sorgen.
  • Nach dem Einsteigen einen GPS-Tracker auf dem Smartphone mitlaufen lassen. Das ist kostenlos, man benötigt dafür keine Datenverbindung, sondern nur eine passende App.
  • Dafür sorgen, dass der GPS-Empfang einigermaßen gut bleibt (Telefon ans Fenster halten).
  • Wenn unterwegs klar ist, dass mit dem Taxameter etwas nicht stimmt: Ruhig bleiben und nichts anmerken lassen. Sonst setzt einen der Fahrer womöglich im Nirgendwo aus.
  • Am Ende der Fahrt ein Foto des gestoppten Taxameters machen. Aussteigen und alles Gepäck an sich nehmen.
  • Den Fahrer darauf hinweisen, dass man die Entfernung zwischen Start- und Endpunkt sehr wohl kennt, die Fahrt sicherheitshalber mit GPS aufgezeichnet hat und das Taxameter offensichtlich manipuliert wurde.
  • Falls erforderlich, den Fahrer darauf hinweisen, dass man Bescheid weiß, welche Folgen diese Abzocke für ihn haben wird: Verlust seiner Lizenz, Verlust der Lizenz des Taxivermieters/-unternehmers.
  • Auf jeden Fall ruhig und höflich bleiben, niemals laut oder fordernd werden.

Jetzt hängt es davon ab, wie sehr man sich über die Abzocke ärgert und wie sicher man sich an dem Ort fühlt, an dem die Fahrt beendet wurde. Bei wenig belebten Plätzen und vor allem nachts sollte man fair bleiben und dem Taxifahrer einfach ungefähr so viel Geld in die Hand drücken, wie die Fahrt normalerweise gekostet hätte. Gegen ein bisschen weniger hat er bestimmt auch nichts einzuwenden. Wenn man sich sicher fühlt (z.B. tagsüber an belebten Plätzen, am Flughafen, wenn ein Telefon in der Nähe ist oder ein Hotelmitarbeiter helfen und übersetzen kann), kann man dem Fahrer die Chance geben, sich elegant aus der Affäre zu ziehen. Der Vorwand, man müsse kurz vom nächsten Telefon aus die Polizei anrufen, dürfte wohl in den allermeisten Fällen dazu führen, dass der Fahrer nicht auf sein Geld wartet und schnell verschwindet.