In dem kleinen Städtchen Hahei auf der Ostküste der Coromandel-Halbinsel verbringen wir die Nacht auf einem Parkplatz. Das ist gar nicht so ungemütlich, wie es zunächst klingt. Am Ende der Straße zur Cathedral Cove ist ein großer Parkplatz für die Besucher ausgewiesen, aber nur auf 4 Stellplätzen darf man – wenn man self-contained ist, also sein komplettes Abwasser wieder mitnimmt – auch nachts bleiben. Natürlich sind alle 4 Plätze besetzt, aber wir haben Glück: Einer der Campervans fährt ein paar Minuten später weg, wir übernehmen seinen Platz und geben diesen bis zum nächsten Morgen nicht mehr her.

Nur 20 m entfernt ist ein Lookout mit einem fantastischen 180-Grad-Panoramablick auf die östliche Küste der Halbinsel, links im Norden sieht man in einiger Entfernung schon die berühmte Höhle bei der Cathedral Cove. Die Akkus unserer Kameras können wir hier nicht aufladen, ich muss meine Fotolust also sicherheitshalber zügeln.

Nach einem gemütlichen Nachmittagskaffee packen wir Dari in seine Rucksacktrage und machen uns auf den Weg. 3 Buchten lassen wir links (in diesem Fall rechts, da wir nach Norden laufen und rechts die Küste ist) liegen und schaffen den gemütlichen Weg in einer halben Stunde. Von anstrengender Wanderung kann keine Rede sein, bis auf wenige steile Stellen ist es eher ein gemütlicher Spaziergang. Schon auf dem Weg begegnen uns viele andere Touristen, wir rechnen mit dem schlimmsten und erwarten einen überfüllten Strand mit vielen lächelnden Asiaten, die für ihre Fotos posieren.

Ganz so schlimm kommt es zum Glück nicht, denn die beiden Buchten sind dafür viel zu groß. Die Felsen aus Kalksandstein erinnern uns an den Rai Leh Beach bei Krabi im Süden Thailands, denn auch dort gibt es solche Felsen in allen erdenklichen Formen. Ein kurzer Check mit dem Fuß im Meer bringt uns aber augenblicklich wieder nach Neuseeland zurück, denn der Südpazifik ist deutlich kälter als das thailändische Badewannen-Meer.

Die berühmte Cathedral Cave (mit a) verbindet die beiden Buchten Cathedral Cove (mit o) und Mare’s Leg Cove miteinander. Bei Ebbe ist die komplette Höhle wasserfrei und wir laufen durch die beachtlich große Öffnung zur anderen Bucht hinüber. Zeit – im geologischen Ausmaß – hat zusammen mit Ebbe und Flut die Höhle entstehen lassen, die wir heute nach einem kurzen Fußmarsch bewundern können. Vermutlich werden die Urenkel unserer Urenkel eines Tages unsere Fotos sehen und sich wundern, wo dieser Durchgang inmitten eines großen Steinhaufens einmal gewesen sein mag, denn die Kräfte der Natur nagen auch weiterhin unaufhörlich am Gestein.

Der Rückweg zum Parkplatz dauert nicht länger als der Hinweg, einen kurzen Kaffee später stelle ich fest, dass die Akkus meiner Kamera noch nicht einmal einen Balken weniger anzeigen als vorher und wage ein paar Experimente im Sonnenuntergang. Neben einem Polfilter habe ich auch ein 64-fach Neutraldichtefilter in der Kameratasche, das leider viel zu selten zum Einsatz kommt. Mit ein bisschen Zeit zum Einstellen der Kamera entstehen dadurch sehr interessante Aufnahmen, und heute habe ich Zeit. Das Abendessen ist vorbei, Dari schläft ausnahmsweise schon um 20 Uhr und es ist trotz Wind noch angenehm warm draußen. Ich schraube das Filter aufs Objektiv und schon kann es losgehen mit den Langzeitbelichtungen. Durch die lange Belichtung werden fließende Bewegungen wie Wasser und heute wegen des starken Winds sogar die Wolken unglaublich weich, keine Bildbearbeitung könnte diesen Effekt nachträglich noch erzielen.

Da Neuseeland auf der Südhalbkugel liegt, ist kurz vor Weihnachten die Sommersonnenwende und nicht wie zu Hause Wintersonnenwende. Mit jedem Tag, den wir uns dem 22. Dezember nähern, geht die Sonne ein bisschen früher auf und ein bisschen später unter. Ich muss mich schon ganz ordentlich quälen, als am nächsten Morgen um 5:20 Uhr der Wecker klingelt. Den Sonnenaufgang um kurz vor 6:00 Uhr will ich nicht verpassen, nachdem der Sonnenuntergang am Vorabend schon so toll gewesen ist.

Vom Pfeifen der Tuis begleitet bleibe ich fast eine Stunde auf dem Lookout nur ein paar Meter von unserem Camper entfernt, während alle anderen noch schlafen. Zum Glück ist der Morgen nicht wolkenlos, denn Sonnenauf- und untergänge ohne Wolken sehen auf Fotos allerhöchstens im australischen Outback gut aus. Solltet ihr also selbst einmal nach Hahei kommen, lohnt sich das Aufstehen früh morgens definitiv. Für den Fall, dass ihr dann doch verschlaft, könnt ihr hier unsere Fotos anschauen: