Wir sind wieder da von unserem Trek durch die Annapurna-Region!

Eigentlich hatten wir geplant, zwei Treks miteinander zu verbinden: Poon Hill mit einer fantastischen Aussicht über die ganze Annapurna-Region mit ihren unzähligen schneebedeckten Gipfeln und den Sanctuary-Trek zum Annapurna Base Camp. Da Marsi aber seit dem ersten Tag an einer Mandelentzündung litt, die einfach nicht besser werden wollte, haben wir das Base Camp ausgelassen und sind jetzt nach 6 Tagen wieder in Pokhara. Aber beginnen wir am Anfang.

Permits und Guide für die Annapurna-Region

Am Tag vor dem Trek geraten wir fast schon in Hektik, weil wir 2 verschiedene Permits beantragen müssen und jemanden finden wollen, der unseren großen Rucksack trägt und gleichzeitig gut Englisch spricht und die Region so gut kennt, so dass wir uns nicht verlaufen. Porterguide heißt das hier, eine Mischung aus Guide und Porter.

Das erste Permit bekommen wir beim Nepal Tourism Board für 2000 NPR (20 Euro) pro Person gegen jeweils 2 Passbilder, für das zweite müssen wir aber wissen, ob wir einen Porter über eine Agentur buchen oder einen Freelancer nehmen, der an keine Agentur gebunden ist. Also wieder mit dem Bus zurück, geschwind in eine Agentur gehuscht und alles organisiert. Hier haben wir unverschämtes Glück: Nachdem wir uns vorher schon einen Freelancer-Porter angeschaut hatten, bei dem auch der zweite Eindruck einfach nicht stimmen wollte, stellt man uns hier Babu vor. Ein angenehmer junger Mann Anfang 30, gut aussehend und immer lächelnd, mit dem wir uns nach einem Satz schon so gut verstehen, dass nichts mehr schiefgehen kann. Babu kennt sich in der Annapurna-Region bestens aus, spricht für unsere Zwecke gut genug Englisch und soll während des Treks einen unserer großen Rucksäcke tragen. Für weitere 700 NPR (7 Euro) und weitere 2 Passbilder pro Person organisiert die Agentur das zweite Permit, sodass wir am nächsten Tag auch wirklich starten können.

Abends packen wir unsere Rucksäcke: Meinen großen Lowe-Rucksack mit Schlafsäcken, Winterjacken, Mützen, Handschuhen und weiterer Kleidung; außerdem unsere beiden Daypacks, in die wir allerlei andere Dinge packen wie Essen, Wasser, Fotoausrüstung und was man sonst noch so braucht.

Startpunkt: Nayapul

10 Minuten zu früh steht Babu am nächsten Morgen vor unseren Zimmer, es ist 6:50 Uhr. Für sich selbst hat er nur einen fußballgroßen Rucksack dabei, in dem er sein komplettes Gepäck verstaut hat. Dieser kommt in unseren großen Rucksack oben drauf, insgesamt hat dieser jetzt ein Gewicht von vielleicht 17 kg. Unsere Daypacks wiegen jeweils 7 kg. Babu beklagt sich nicht über das Gewicht des großen Rucksacks, wir sind anfangs noch skeptisch. Später sehen wir aber viele Porter auf dem Trek, die locker das doppelte Gewicht tragen, teilweise gar nicht in Rucksäcken, sondern einfach in einer riesigen Tüte, die sie auf dem Rücken tragen und mit einem Band über der Stirn fixieren.

Mit dem Taxi geht’s nach einen Frühstück zum Busbahnhof, dort kauft Babu drei Tickets nach Nayapul. Eine halbe Stunde später steigen wir in den Bus, ein schrammliger alter Tata-Bus wie überall in Nepal. Wir haben zum Glück Sitzplätze und müssen nicht aufs Dach. Nach 2 Stunden mit verzerrter Musik über viel zu kleine Lautsprecher im Bus kommen wir endlich an.

Am Fluss entlang nach oben bis Tikhedhungga

Um 10:45 Uhr laufen wir los. Es ist bestes Wetter, schnell kommen wir ins Schwitzen, es geht an einem Fluss entlang steil bergauf. Bereits um 14:00 Uhr erreichen wir unser Tagesziel Tikhedhungga. Babu kennt ein Guesthouse, das abseits vom eigentlichen Ort zwischen zwei Wasserfällen liegt. Wir sind die einzigen Gäste und haben ein ganzes Stockwerk für uns alleine.

Hier lernen wir erstmals den typischen Ablauf eines Trekker-Nachmittags kennen, der sich auch für uns jeden Tag wiederholen sollte: Nach der Ankunft sucht man sich ein Guesthouse. Alle sind mehr oder weniger alle gleich ausgestattet: kleine Zimmer mit 2 Betten und einem Nachttisch, Gemeinschaftsbad und -toilette, außerdem ein Restaurant. Kostenpunkt sind durchgängig 200 NPR (2 Euro) fürs Zimmer, eine warme Dusche gibt es, wenn tagsüber genug Sonne da war und noch nicht zu viele andere vorher geduscht haben. Nach der Dusche wird das Abendessen bestellt und vielleicht ein heißer Tee getrunken. Wir essen meistens zwischen 17 und 18 Uhr, danach wird es schlagartig dunkel und wir gehen ins Bett. Schlafen können wir während des gesamten Treks sehr gut, die Nacht ist meistens gegen 6:30 Uhr vorbei, damit man vor der heißen Zeit schon ein Stückchen laufen kann. Wir müssen nicht erwähnen, dass Marsi die mindestens 10 Stunden Schlaf pro Nacht außerordentlich gut gefallen.

Die Preise fürs Zimmer sind nicht der Rede wert, allerdings wird beim Essen und bei den Getränken kräftig Geld verlangt. Wir haben genug Bargeld dabei, wir kalkulieren mit 3.000 NPR (30 Euro) pro Tag für uns beide zusammen.

Trinkwasser auf dem Trek

Die Trinkwasserversorgung ist ein wichtiges Thema für jeden Wanderer. Bis zu einem gewissen Punkt kann man Wasser in Plastikflaschen kaufen, für ein Vielfaches des üblichen Preises in der Stadt. Auf dem gesamten Trek gibt es außer Trägern, Eseln und Pferden keine Transportmittel, so dass jede Flasche Wasser, jedes Kilo Reis und jedes Snickers mit Muskelkraft getragen werden muss. Kein Wunder also, dass die Preise analog zur Höhe steigen.

Das Wasser aus dem Wasserhahn sollte man keinesfalls trinken, Durchfall und Magenprobleme sind sehr wahrscheinlich. Wir benutzen sogar zum Zähneputzen gekauftes Wasser. Da wir aber die Umwelt nicht unnötig belasten wollen, möchten wir auf dem Trek auf Plastikflaschen so weit wie möglich verzichten. In Kathmandu haben wir uns zwei Trinkflaschen gekauft, eine aus Plastik und eine aus Metall, außerdem zwei verschiedene Wasserentkeimungsmittel in Tablettenform.

Micropur forte testen wir zuerst: Pro Liter eine Tablette ins Wasser, nach 5 Minuten schütteln, eine halbe Stunde warten, fertig. Das Wasser schmeckt dann leicht nach Chlor, mit einer mitgebrachten Brausetablette ist es halbwegs erträglich.

Mit den anderen Tabletten auf Jod-Basis werden wir überhaupt nicht warm. Das Vorgehen ist das gleiche, das Wasser schmeckt nicht nach Chlor, aber unangenehm nach Krankenhaus oder Zahnarzt. Beides ist für den Notfall tauglich, aber gerne trinken wir es nicht. Prima, dass wir 50 Jod- und 25 Chlortabletten dabei haben und weder das eine noch das andere wirklich gerne verwenden!

Wir probieren etwas anderes aus: Überall bekommt man für recht wenig Geld heißes Wasser, das in den Hütten auf einem Feuer gekocht wird und dann in große Thermoskannen abgefüllt wird. Wir haben ausreichen Teebeutel und löslichen Kaffee dabei und verzichten einfach auf Chlor und Jod. Wie lange das Wasser gekocht wurde und ob es wirklich sicher ist, wissen wir nicht. Aber geschmacklich kein Vergleich zum chemisch entkeimten Wasser.

Steil nach oben: Ghorepani

Der nächste Tag beginnt bei Sonnenaufgang mit einem Frühstück, wobei Marsi sich an ihr neues Lieblingsessen Porridge gewöhnt, am besten mit Apfel und etwas Zimt. Der Weg nach Ulleri ist unglaublich steil, wir passieren viele kleine Wasserfälle und sind komplett nassgeschwitzt, als wir nach 6 Stunden Laufzeit gegen 13:30 Uhr Ghorepani erreichen. Im „Hill Top Hotel“ beziehen wir ein Zimmer mit fantastischer Aussicht über viele der Annapurna-Gipfel. Hier sind wir auf knapp 3.000 m Höhe, abends wird es empfindlich kalt und wir sind froh, dass wir unsere guten Schlafsäcke dabeihaben.

Im Restaurant lernen wir erstmals den Annapurna-Ofen kennen: Ein Ölfass wird im Boden eingemauert, bekommt ein Rohr obendrauf und eine Klappe an der Seite, fertig ist der Ofen. Wir sind froh, dass wir uns aufwärmen können, denn die folgende Nacht wird kurz.

Unglaubliche Aussicht vom Poon Hill

Um 4:45 Uhr stehen wir auf, um 5:00 Uhr laufen wir los. Es ist stockdunkel, wir sind eingepackt in alle Klamotten, die wir mitgebracht haben, jeder eine Taschenlampe in der Hand. Mit vielen anderen erreichen wir nach 50 Minuten und 400 Höhenmetern Poon Hill: ein kleines Plateau auf 3.200 m Höhe mit einem unfassbaren Panoramablick auf Annapurna Himal, Dhaulagiri Himal und viele weitere Berge. Täler und Flüsse im Süden, schneebedeckte steilflankige Achttausender im Norden.

Wir warten auf den Sonnenaufgang, gegen 6:30 Uhr werden wir für den strapaziösen Aufstieg mit einem Ausblick belohnt, den wir nicht mehr vergessen werden. Ein großes Schild zeigt uns, welche Berge wir hier sehen können: 8 Gipfel sind über 7.000 m hoch, Dhaulagiri 1 und Annapurna 1 sogar über 8.000 m. Bestimmt sind sie noch einige Kilometer entfernt, aber alles erscheint zum Greifen nah. Viele Fotos später gehen wir in einer halben Stunde zum Hotel in Ghorepani zurück und wärmen uns während des Frühstücks am Ofen auf.

Auf und ab bis nach Chuile

Um kurz nach 9 Uhr laufen wir weiter, zuerst steil nach oben. Wolken ziehen auf, wir sind mittendrin in der milchigen Suppe. Im Dschungel sehen wir viele Pflanzen, die wir von zu Hause nur aus Töpfen kennen. Hier wachsen sie wild und werden riesig groß.

Um 14:30 Uhr erreichen wir Tadipani, wir entscheiden uns aber für einen weiteren Abstieg nach Chuile, obwohl wir an diesem Tag schon fast 6 Stunden gelaufen waren. Das „Mountain Discovery Guesthouse“ liegt auf einer kleinen Plattform, vorne geht es steil nach unten ins Tal, hinten sehen wir die hohen Berge. Wir treffen eine spanische Trekking-Gruppe, zu sechst sind sie mit einem Guide und 3 Portern unterwegs. Der Abend wird lustig und ungewöhnlich lang, erst um 20 Uhr gehen wir uns Bett.

Halsentzündung: Weitergehen oder umdrehen?

Am nächsten Morgen muss Marsi entscheiden, wie sie mit ihrer stärker werdenden Halsentzündung umgehen will. Wir beschließen, den geplanten Weg fortzusetzen und die Entscheidung auf den nächsten Tag zu verschieben. Wir laufen gegen 9 Uhr los, steil nach unten, über die „New Bridge“ über den Fluss, danach wieder steil nach oben. Gegen 13:30 Uhr erreichen wir Chomrong, checken mit den Spaniern im „Fishtail Guesthouse“ ein und verbringen einen genau so lustigen und langen Abend wie am Vortag.

Nach Sonnenaufgang entscheiden wir schweren Herzens, nicht ins Annapurna Base Camp aufzusteigen. Marsis Hals will einfach nicht besser werden. Der Weg ins Base Camp ist beschwerlich, 1.000 Höhenmeter pro Tag, der Schnee und die Kälte auf über 4.000 m würden den Halsschmerzen bestimmt nicht gut tun. Unser Guide Babu schlägt uns eine alternative Route vor, wie wir in 2 Tagen recht einfach wieder nach unten und zurück nach Pokhara kommen können.

Weite Täler, Flüsse und satte Landschaften

Während der 6 Stunden nach Landruk lernen wir die Region von einer anderen Seite kennen. Die Gipfel liegen jetzt hinter uns, vor uns sehen wir Flüsse weit unten im Tal, wir laufen durch viele kleine Dörfer, passieren Wasserfälle und unzähligen Terrassen, auf denen Gemüse und Hirse angebaut wird. Die Landschaft ist unglaublich schön, grün und gelb liegen die Felder vor uns. Eine weitere Stunde bringt uns nach Tolka, an einem steilen Berghang gelegen. Touristen gibt es hier kaum. Gewohnt früh gehen wir nach einem ordentlichen Abendessen ins Bett.

Am letzten Tag des Treks haben wir die Sonne im Rücken, während wir einen alten Pfad entlanglaufen. Unten weite Täler, hinter uns immer ein paar der schneebedeckten Gipfel. Ab und an begegnen uns Kühe, Ziegen und Pferde, sonst ist nicht viel los hier oben. Nach 5 Stunden erreichen wir einen Ort, durch den auch der Bus fahren muss, der ins in einer guten Stunde zurück nach Pokhara bringt.

Dort setzen wir uns mit Babu in die „German Bakery“, es gibt Apfelkuchen und süße Stückchen, außerdem einen Cappuccino. Nach 6 Tagen Tee und Brausetabletten-Wasser ein gutes Gefühl!

Zurück in Pokhara

Lange überlegen wir, wie wir es anstellen können, ihm ein Trinkgeld zu geben, sodass er es nicht ausschlagen kann. Für seine Dienste bezahlen wir der Agentur pro Tag 1.000 NPR (10 Euro), Babu bekommt davon vielleicht 700. Viel bleibt also nicht für ihn übrig. Wir haben in den 6 Tagen mit Babu nicht nur einen Guide und Porter gehabt, sondern einen guten Freund gefunden. Mit einer Mischung aus Respekt, Charme und Humor von beiden Seiten sind wir äußerst gut mit ihm ausgekommen und möchten uns gerne erkenntlich zeigen. Irgendwie schaffen wir es, ihm eine angemessene Summe zu geben, ohne dass er schnell genug widersprechen kann. Wir wissen, dass er es gut brauchen kann und Babu weiß, dass wir es gerne geben.

Der Apotheker in der Pharmacy um die Ecke schaut Marsi in den Hals und weiß sofort, was sie jetzt braucht: Bei ihrer stärker werdenden Mandelentzündung verordnet er ein Antibiotikum. Auch wenn Marsi am liebsten die komplette 3-wöchige Annapurna-Runde gegangen wäre, mindestens aber gerne das Base Camp gesehen hätte, sind wir jetzt froh, dass wir unseren Trek verkürzt haben. Gesundheit geht vor, keine Frage.

Falls jemand einen Trek in dieser Gegend plant, geben wir euch gerne Babus Kontaktdaten weiter. Er freut sich über Kundschaft, wir freuen uns, dass er einen Job hat und ihr habt einen Begleiter, der weit mehr ist als Guide oder Porter. Dreifach-Win-Win-Win für alle Seiten, oder: Good for you, good for us, good for him!

Aus den vielen mitgebrachten Fotos haben wir die schönsten für euch ausgewählt: