Die schönste Weltreise-Weihnachtsüberraschung kam im Dezember von zu Hause: Meine Eltern haben sich entschlossen, uns zu besuchen und für ein paar Wochen mit uns zu reisen. Um dem strengen Winter in Deutschland zu entkommen, bot sich Thailand an, wo wir uns laut Plan von Ende Januar bis Ende Februar aufhalten wollten. Anfang Januar war ihr Flug von Frankfurt über Dubai nach Bangkok gebucht.

30. Januar 2010, abends: Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, die (Schwieger-)Eltern persönlich am Flughafen zu empfangen. Pünktlich landet ihr Flieger aus Dubai, eine gute Stunde später sehen wir sie durch den Ausgang laufen. Wir nehmen uns ein Taxi in die Innenstadt von Bangkok, wo wir für 3 Nächte ein Hotel reserviert haben.

Wir sind wahrlich nicht zum ersten Mal in Südostasien und kennen die meisten Tricks, aber heute passiert uns etwas Neues, das wir nur aus Erzählungen kennen. Wenn man am Suvarnabhumi Airport in Bangkok auf der untersten Ebene ein Taxi haben möchte, bezahlt man die Gebühr für den Highway in die Stadt (70 THB, ca. 1,70 Euro) und den Preis nach dem Taxameter, zusätzlich aber 50 THB (1,25 Euro) Surcharge, wofür auch immer. Zu viert lohnt sich ein Taxi sehr viel mehr als 4 Bustickets, wir steigen in eines ein und lassen uns in einer guten halben Stunde zu unserem Hotel bringen. Der Taxifahrer fährt zwar schnell und weit, doch wundern wir uns etwas über den Kilometerstand und den Preis, der auf dem Taxameter angezeigt wird: Etwas über 60 km weit sind wir gefahren, gut 400 THB (10 Euro) soll allein der Taxameter-Preis sein, dazu kommen 70 THB für den Highway und 50 THB Gebühren. Wir reagieren zu langsam, weil wir uns nicht sicher sind, wie weit es denn wirklich vom Flughafen hierher ist und bezahlen. Es geht ja immer noch nicht um große Summen, außerdem sind die Eltern froh, endlich angekommen zu sein.

Aber wir sind reingefallen, auf die Masche mit dem falsch eingestellten Kilometerzähler im Taxi. Der gewiefte Taxifahrer lässt sich nichts anmerken, obwohl er bestimmt bemerkt, dass wir über den unerwartet hohen Betrag diskutieren und immer wieder verwundert auf den Kilometerzähler deuten. Spätere Messungen werden ergeben, dass es von genau diesem Hotel zum Flughafen auf der gleichen Route etwas über 35 km sind und keineswegs 60. Wir haben unser Lehrgeld brav bezahlt und wissen für die Zukunft Bescheid.

Die nächsten beiden Tage gibt es die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Bangkok im Schnelldurchlauf für die Eltern: Wat Phra Kaew, Grand Palace, Wat Pho, Wat Arun, Golden Mount, Khaosan Road (alle Links zu Wikipedia), eine kurze Fahrt über den Fluss und außerdem Shopping im MBK-Center. Es ist Hauptsaison und merklich voller als zu den Zeiten, wo wir üblicherweise in Bangkok sind (meistens im Mai oder Juni). Das Wetter ist traumhaft, ab und an zieren ein paar hohe Wolken den blauen Himmel, ansonsten ist es nur angenehm heiß.

Es ist für uns wirklich toll, dass wir ausgerechnet in unserem Lieblings-Reiseziel Thailand Besuch von meinen Eltern bekommen. Zusammen haben wir vorher überlegt, wie eine Route für 3 Wochen aussehen könnte, um die wichtigsten Dinge zu sehen und trotzdem genug Zeit zum Ausspannen zu haben. Auch wenn es alleine im mittleren Teil Thailands für viele Monate genug zu entdecken gibt, beschließen wir, auch weitere Strecken zurückzulegen, um ein paar Highlights von Südostasien mitzunehmen.

Bereits wenige Wochen vorher haben wir Flüge gebucht, die uns in einer guten Stunde zu unserem nächsten Reiseziel bringen: Phnom Penh, die Hauptstadt von Kambodscha, Thailands östliches Nachbarland. Es ist bereits dunkel, als wir mit dem Taxi in unserem Hotel ankommen. Ich war 2006 schon einmal hier gewesen und kenne dieses Hotel noch gut, die Besitzer erinnern sich sogar noch an mich. Nachdem ein Zimmer übel nach Rauch stinkt und im nächsten der Schimmel aus der Wand kriecht, bekommen wir 2 benachbarte Zimmer im 2. Obergeschoss. Sonderlich luxuriös haben wir es nicht, aber für 15 USD pro Nacht und Zimmer haben wir auch nicht viel erwartet.

Die nächsten beiden Tage verbringen wir in Phnom Penh, laufen durch die Stadt, schlendern am Mekong entlang und sehen den riesigen Königspalast mit der Silberpagode. Wir besuchen Toul Sleng, das ehemalige Foltergefängnis der Roten Khmer, die in Kambodscha von 1975 bis 1979 eine Schreckensherrschaft führten. Wer die Folter überlebte, wurde zu den Killing Fields ein paar Kilometer außerhalb der Stadt verschleppt, wo man heute an unzähligen ausgehobenen Massengräbern entlanglaufen kann. Mit schönen Sehenswürdigkeiten haben letztere wirklich nichts zu tun, es ist harte Kost und nichts für jedermann, selbst Marsi bleibt im Hotel und wartet lieber, bis ich mit meinen Eltern zurückkomme. Für Kriegsdenkmäler aller Art hat sie nicht viel übrig. Bei einen Besuch in Kambodscha muss man sich aber zwangsläufig mit der jüngeren Geschichte des Landes beschäftigen, und es gibt keine eindrucksvolleren Gedenkstätten als diese beiden, die einem so bildlich vor Augen führen, was vor über 30 Jahren in diesem armen Land passiert ist.

Auch der Vietnamkrieg ist nicht spurlos an Kambodscha vorübergegangen: Auf den Straßen sehen wir immer wieder, was das tonnenweise versprühte dioxinhaltige Entlaubungsmittel Agent Orange auch Jahre später noch anrichten kann, außerdem sehen wir Opfer von Landminen, denn es sind noch lange nicht alle Minen seit den 70er Jahren beseitigt worden.

Ohne wirklich zu wissen, auf was wir uns einlassen, sind wir genau während des Chinesischen Neujahrsfests in Kambodscha. Es ist nicht wie bei uns zu Hause, dass nach einem Abend, einem ordentlichen Kater und einem Feiertag alles vorbei ist. Wenn das Jahr eines neuen Tieres eingeläutet wird (2011 ist das Jahr des Hasen), dann feiern die Chinesen eine ganze Woche lang!

Wie? Kambodscha, China, Neujahr im Februar, Chinesen? Was jetzt? Das ist ganz einfach: Auch in Kambodscha leben Chinesen, in Phnom Penh sogar ziemlich viele. Natürlich ist Kambodscha nicht China, aber trotzdem feiern die chinesischen Minderheiten ihr Neujahrsfest gebührend. Und dieses Fest hat jedes Jahr ein genaues Datum nach einem anderen Kalender, immer Ende Januar oder Anfang Februar. Auch in anderen Städten mit eigener Chinatown (wie z.B. Bangkok) ist um diese Zeit bestimmt viel los. Überall in der Stadt sehen wir tanzende Drachen (ein Kostüm mit 2 Menschen darunter), die von Musik begleitet zirkusreife Artistik bieten. Viele Geschäfte bleiben während dieser Tage geschlossen, selbst am Central Market finden wir nur wenige geöffnete Verkaufsstände.

Am dritten Tag fahren wir früh morgens mit dem Bus Richtung Nordwesten, bis wir nach 6 Stunden unser nächstes Ziel erreichen: Siem Reap. Doch halt, die Busfahrt bietet in der Tat interessante Details, die nicht verschwiegen werden sollten:

Irgendwann zwischen Hörspiel und einschlafen bemerke ich, dass mein Fuß, den ich wegen Platzmangels in asiatischen Bussen wie immer auf dem Gang platziere, von hinten rechts leicht feucht wird. Ah ja, schräg hinter uns sitzt eine Mama mit ihrem kleinen Jungen, der hat gerade das Mittagessen ausgekotzt, auf sich, auf seine Mama und auf den Gang. Es hatte wohl Reis gegeben. Prima. Wenigstens hält sich der Geruch in Grenzen.

Als der Bus an einem Rastplatz anhält, finden wir wie immer Stände mit Getränken, Obst, Snacks und warmen Mahlzeiten. Ich entdecke zuerst die Leckereien, die ich aus Bangkok schon kenne: Maden, Heuschrecken, Mistkäfer und weitere Insekten. Schön geröstet und tütenweise zum Verkauf angeboten. Aber hier gibt es noch etwas anderes, das ich noch nicht kenne. Auf einem der Haufen entdecke ich Spinnen. Riesige, schwarze, geröstete Taranteln mit haarigen langen Beinen und ansehnlich dicken Körpern. Eigentlich hätte ich erwartet, dass sowohl Marsi als auch meine Eltern sich den Spinnen allerhöchstens mit den Augen nähern, doch es kommt anders. Marsi kauft für 1000 KHR (kambodschanische Riel, ca. 0,20 Euro) eine Tarantel und erhält noch eine Handvoll Käfer gratis dazu in eine kleine Tüte verpackt. Alle (bis auf mich) probieren die knusprig gerösteten Spinnenbeine, Marsi wagt sich sogar an den Körper. Unsere Weltreise-Fans auf Facebook wissen schon, was wir meinen, denn Marsi ließ es sich nicht nehmen, ein paar Fotos hochzuladen. Es schmeckt nach Frittierfett und nicht nach Spinne, höre ich. Wer außer Bear Grylls weiß überhaupt schon, wie eine Spinne im Originalzustand schmeckt? Für mich immer noch kein Argument, denn Auge und Hirn essen immer mit, und eine haarige Tarantel, das geht einfach gar nicht!

In Siem Reap angekommen, lassen wir uns von einem Tuktuk in die Nähe des alten Markts fahren, um ein Hotel zu suchen. Vorgebucht haben wir nichts, wir werden schon etwas finden. Aber wir haben die Rechnung ohne die Hauptsaison und ohne das Chinesische Neujahr gemacht. Die Eltern lassen wir mit dem Gepäck in einem Café, eine gute Stunde lang suchen wir nach einer Unterkunft, wo wir für einen angemessenen Preis 2 Doppelzimmer bekommen. „Have only one room left“, „Sorry, we’re full“, „Double room starting from 60 USD per night“ … bald können wir es nicht mehr hören. Schließlich finden wir 2 Zimmer imAngkor Voyage Guesthouse für 15 USD pro Nacht und Zimmer, besser als nichts. Über den Hinterhof sehen wir neben dem Nachbarhaus einen kleinen Pool, in und um diesen tummeln sich ungefähr 50 Krokodile, ein paar kleine junge, aber meistens große ausgewachsene Tiere. Schlangen und Vogelspinnen sind out, heute züchtet man Krokodile hinterm Haus!

Viele können mit Siem Reap, dem Namen dieser kleinen Stadt, sicherlich nicht viel anfangen, wohl aber mit dem, was ein paar Kilometer außerhalb der Stadt liegt: die Tempel von Angkor. Auch wir sind wegen der tausend Jahre alten Tempel hierher gekommen, obwohl ich sie schon zwei Mal gesehen habe und Marsi ein Mal. Die meisten kennen die Tempelanlagen aus dem Film „Tomb Raider“.

Am nächsten Morgen nehmen wir uns ein Tuktuk und sehen die zwei bekanntesten und größten Tempel: Angkor Wat und Angkor Thom. Ein 3-Tages-Ticket für die Tempel kostet 40 USD pro Person, seit einigen Jahren wird am Checkpoint mit einer Webcam ein Foto gemacht, das auf den nicht übertragbaren Pass aufgedruckt wird. Früher brauchte man hierfür extra ein Passfoto. Zum Sonnenuntergang kommen wir nach Angkor Wat zurück, denn jetzt erscheinen die alten Mauern in einem ganz anderen Licht.

Der nächste Tag beginnt viel zu früh, nach einem Blitzfrühstück sind wir kurz nach 7:30 Uhr zum Sonnenaufgang bei Angkor Wat. Bereits eine Stunde später brennt die Sonne heftig, wir fahren weiter und wollen heute die kleineren Tempel sehen, die sich auf dem Grand Circuit befinden, der großen Tempelrunde. Der Reihe nach besuchen wir Banteay Kdei, Ta Prohm, Ta Keo, Preah Khan, Neak Pean, Ta Som, East Mebon und Pre Rup (alle Links zu Wikipedia). Jeder dieser Tempel hat ein ganz eigenes Flair, manche sind ganz klein, andere bestechen durch ihren ursprünglichen Zustand, viel Dschungel und eingefallenes und kaum restauriertes Mauerwerk.

Wir bemerken, dass die Tempel deutlich voller sind als noch vor 4 bzw. 5 Jahren (ich war 2006 und 2007 schon hier gewesen). Das liegt einerseits daran, dass über die Wintermonate Hauptsaison ist, andererseits am Chinesischen Neujahrsfest. Wir meiden chinesische Reisegruppen wo wir können und machen einen Bogen um Schildmützen und hochgehaltene Reisegruppen-Zusammenhalte-Fahnen.

Aber auch das einst so kleine Städtchen Siem Reap hat sich gemacht, wir haben große Schwierigkeiten, markante Stellen von damals wiederzuerkennen. Unzählige Hotels, Guesthouses, Supermärkte, Essensstände, Restaurants, Straßenverkäufer und Massagesalons finden wir heute überall. Wenn ich 2006 Lust auf eine Coke hatte, gab es in dem Stadtteil, wo sich mein Hotel befand, eigentlich nur einen Ort, wo man günstig eine kaufen konnte, ohne in ein Restaurant zu gehen: die Caltex-Tankstelle an der Hauptstraße. Jetzt müssen wir keine 2 Minuten laufen, egal in welche Richtung, bis wir einen gut sortierten Supermarkt finden.

Und Fish Spa ist ganz vorn dabei, genau wie in Bangkok. „Dr. Fish“ nennt man es hier: In einem kleinen Becken schwimmen viele hundert Fische, Touristen hängen für ein paar Dollar ihre Füße und Hände hinein und lassen sich von den Fischen gesundknabbern. Früher gab es in Siem Reap den „Old Market“, heute gibt es neben ein paar kleineren Night Markets den stylischen neuen Angkor Night Market. Zugegeben, dieser Open-Air-Markt mit seinen vielen schönen Shops und Ständen hat wirklich Flair, man kann entspannt shoppen oder einfach nur gemütlich vorbeischlendern. Aber die Stadt hat sich verändert, merklich.

Und auch die Tempel haben sich verändert. Der innerste Bereich von Angkor Wat ist jetzt abgesperrt, nur wer fit genug und passend gekleidet ist (das sind wir sowieso) und sich in einer Schlange anstellt, darf hinaufsteigen und sich für 15 Minuten dort aufhalten. Die einst so glitschigen und abenteuerlichen Steinstufen sind jetzt mit einer stabilen Holzkonstruktion überbaut, so dass nichts mehr passieren kann, weder den Touristen noch den alten Steinen. Viele Teile von Angkor Wat und Angkor Thom werden gerade restauriert, große grüne Tücher überdecken jetzt die alten Mauern. Der urige Dschungeltempel Ta Prohm, wo Teile des ersten Teils von „Tomb Raider“ gedreht wurden, wird generalüberholt, sogar ein großer gelber Kran befindet sich mittendrin. Mein neuer Lieblingstempel ist Preah Khan, hier kann ich nach Herzenslust auf baufällige Mauern klettern, Bäume besteigen und einen fast touristenleeren Tempel fotografieren. Die chinesischen Reisegruppen kommen wohl nicht hierher.

Was wollen wir damit sagen? Sind die Tempel keine Reise mehr wert? Oh doch, sehr sogar! Überlegt mal, wie viele Menschen ihr persönlich kennt, die schon dort gewesen sind, Freunde, Bekannte, Verwandte. Allzu viele dürften es nicht sein. Selbst wir hätten Mühe, viel mehr als eine Handvoll Leute aufzuzählen.

Trotzdem scheint es, als ob tausende Touristen in großen Reisebussen Tag für Tag die Tempel bevölkern. Denn das Reisen wird einfacher und bequemer, die Infrastruktur wird besser, man stellt sich mehr und mehr auf den Tourismus ein. Selbst ein abgelegenes und vor wenigen Jahren noch ungemütlich-gefährliches Land wie Kambodscha wird heute in vielen Pauschalreise-Katalogen angeboten. Wenn ihr also jemals darüber nachgedacht habt, Angkor zu besuchen und euch die Reise nicht zu weit ist, können wir euch nur einen Rat geben: Tut es, und zwar so bald wie möglich. Es lohnt sich.

Auf dem Landweg machen wir uns nach 3 Nächten in Siem Reap auf nach Bangkok in Thailand. Seit wenigen Jahren ist die holprige Sandpiste mit ihren Millionen Schlaglöchern zur Grenzstadt Poi Pet geteert und optimal befahrbar. Die Fahrt im großen Bus ist angenehm, gegen Mittag kommen wir in der Grenzstadt an. Wir holen uns unseren Ausreisestempel von den kambodschanischen Behörden, laufen durchs Niemandsland zum thailändischen Immigration Office. Wir bekommen unser Visa-on-arrival für 15 Tage in den Pass gestempelt und steigen in einen Minivan, der uns in knapp 3 Stunden nach Bangkok bringt. Die Fahrt durch Bangkok vom Stadtrand bis zu unserem Ziel in Banglampoo dauert eine weitere gute Stunde durch den frühabendlichen Berufsverkehr, um 17:00 Uhr kommen wir endlich an. Den letzten Kilometer zum Hotel legen wir zu Fuß zurück, wir haben wieder im gleichen Hotel 2 Zimmer reserviert wie schon vor unserem Abstecher nach Kambodscha.

Es lohnt sich kaum, unsere Rucksäcke und Koffer auszupacken, da wir am nächsten Morgen bereits weiterfliegen werden nach Krabi in Südthailand, hierzu gibt es bald einen eigenen Artikel.

Hier findet ihr wie immer die schönsten Fotos aus Bangkok und Kambodscha: