Der Stuart Highway durchquert das Outback von Norden nach Süden und ist wirklich bequem zu befahren, selbst mit Ken, unserem großen Wohnmobil. Wir fahren zunächst von ganz unten (Port Augusta) bis in die Mitte des Kontinents nach Alice Springs und machen auf dem Rückweg nach unten einen Abstecher zu Australiens Wahrzeichen, dem Uluru.

In Alice Springs tanken wir nochmal auf, die Spritpreise hier sind mit 1,80 AUD (ca. 1,25 Euro) pro Liter Diesel zwar unverschämt hoch, aber wir befinden uns ja schließlich mitten im Nirgendwo und jeder Liter muss mit einem Tanklaster über Tausende Kilometer hergebracht werden. Die 200 km nach Süden bis Erldunda vergehen fast wie im Flug, hier biegen wir nach Westen auf den Lasseter Highway ab, von wo aus es weitere 250 km bis zu Australiens berühmtester Sehenswürdigkeit sind.

Sicherheitshalber geben wir Ken noch einmal etwas zu trinken, er hat wie immer mächtig Durst. Auf dem bisherigen Weg von Alice Springs hat er schon wieder 30 Liter Diesel getrunken, die wir in Erldunda für einen neuen Rekordpreis wieder nachfüllen: Wir bezahlen 2,03 AUD (1,41 Euro) für einen Liter und sind schon wieder viele Dollars ärmer.

Auch der Lasseter Highway ist von bester Qualität, keine Baustellen, nicht allzu viele Verkehrsschilder, wir stellen den Tempomat auf gemütliche 90 km/h und cruisen auf dem Highway durch das heiße Outback. Recht unerwartet kreuzt ganz zufällig ein Highlight unseren Weg, von dem wir noch nie etwas gehört haben: In einiger Entfernung sehen wir den Mount Conner mit seiner einzigartigen Form, die schon beinahe nicht mehr natürlich erscheint. Das obere Drittel verläuft senkrecht nach oben, es sieht aus, als hätte der Berg einen Hut auf. Ein paar Tage später erfahren wir, dass sogar Hubschrauber auf dem Gipfelplateau des Mount Conner landen, so flach muss es dort oben sein.

Auf der anderen Seite des Lookouts direkt an der Straße geht es einen kleinen orangeroten Outback-Sand-Hügel hinauf und schon sehen wir das nächste Highlight, einen großen, strahlend-weißen Salzsee. Wir fühlen uns an unsere Zeit in Bolivien erinnert, als wir auf unserer ersten Weltreise zusammen mit Jule im Salar de Uyuni unterwegs waren. Später auf der – recht grob aufgelösten – Karte stellen wir fest, dass der Salzsee beim Lookout nicht einmal eingezeichnet ist. Stattdessen gibt es andere – eingezeichnete – Salzseen von unbeschreiblicher Größe, deren Ausmaße wir nur erahnen können, da sie zu weit vom Highway entfernt liegen.

Eine halbe Stunde vor unserem eigentlichen Ziel, dem Touristenort Yulara, finden wir einen Platz für die kommende Nacht. Oben an der Straße ist eine Rest Area ausgewiesen, wie immer mit dem Nötigsten ausgestattet: Wassertank und Mülleimer. Gleich nebenan führt aber eine verdächtig steile und schmale Sandpiste ein paar Hundert Meter hinunter zu einem abgeschiedenen Platz, auf den wir uns viel lieber stellen würden, weil der Lärm der wenigen vorbeirauschenden Autos und Trucks deutlich weniger hörbar wäre.

Ein kurzer Check, ob wir an der engen Stelle neben dem tiefen Loch vorbeipassen und eine grobe Abschätzung, ob wir es am nächsten Morgen auch wieder nach oben schaffen würden, schon sind wir unten und suchen uns unter den vielen exotisch aussehenden Bäumen ein lauschiges Plätzchen. Kurze Zeit später gesellt sich noch eine weitere Familie zu uns, die allerdings mit Auto und Zelten unterwegs ist und nicht in einem Campervan. Heute gibt es grünes Thai-Curry mit Reis, so ganz langsam müssen wir Dari ja an die südostasiatische Schärfe gewöhnen.

Nach dem Abendessen ist es längst dunkel, die Fotos vom Outback-Sonnenuntergang sind gemacht. Marsi öffnet die Tür unseres Campers und will nur mal eben das Gas abstellen, dazu muss sie von außen eine weiter hinten am Fahrzeug liegende Klappe öffnen und den Hahn zudrehen. Ob sie überhaupt die ausklappbare Stufe auf dem Weg nach unten betreten hat, weiß ich nicht so recht, als sie etwas verängstigt zurückkommt und meint: „Das Gas bleibt heute Nacht an. Da drüben im Gebüsch knurrt mich etwas an, ich geh da nicht raus!“ Viel haben wir über die Wüstenbewohner gehört, jetzt sind sie offenbar ganz in unserer Nähe, die Dingos. Auch wenn sie auf den Fotos und den Outback-Info-Tafeln an den Rastplätzen ganz niedlich aussehen, wollen wir gar nicht so genau wissen, ob es wirklich ein Dingo war, der Marsi da angeknurrt hat. War’s vielleicht doch ein Braunbär auf dem falschen Kontinent? Oder der Yeti? Vielleicht auch alles nur Einbildung? Nachts um halb zwei haben wir Gewissheit: Es war ein Dingo. Jetzt hat er offenbar seine Kumpels zusammengerufen und alle zusammen veranstalten ein lautes Heul- und Bellkonzert, das der Familie nebenan in ihren Zelten doch viel mehr Angst eingejagt haben dürfte als uns in unserem soliden Campervan.

Ein echter Morgen im Outback beginnt mit Eiern, Schinken und Brot. Ungetoastetes Toastbrot, versteht sich. Unser Toaster funktioniert leider nur, wenn wir Ken an eine 240-V-Steckdose hängen. Eine kleine Hürde liegt noch vor uns, die Sandpiste hinauf zum Highway. Wir müssen sonst nicht allzu oft den Automatikmodus von Ken außer Kraft setzen und manuell schalten, jetzt aber ist dieses Feature überlebenswichtig. Bloß nicht in einem kleinen Gang zu sehr aufs Gas treten, möglichst wenig bremsen und auf gar keinen Fall stehenbleiben. Es ist Marsi gar nicht so unrecht, dass ich das übernehme, würde mir doch viel eher ein flotter Spruch einfallen, falls wir die Road Assistance anrufen müssen, damit sie uns aus dem Sand ziehen. Glücklicherweise meistert Ken die steile Piste wie ein Großer, wir sind mehr als froh, als wir am höchsten Punkt stehen und den Highway wieder sehen können.

Wenige Kilometer später verschwindet sogar der durchgestrichene Kein-Empfang-Kreis oben rechts auf unseren Handys. Seit Alice Springs hatten wir keinen Empfang mehr, seit fast 450 km. Wir nähern uns Yulara, dem Tor zum Uluru. In den 1980er Jahren entstand dieser Ort, um den wachsenden Touristenzahlen einen kontrollierten Zugang zum Uluru zu verschaffen. Während der Name Yulara zwar auf den Straßenschildern verwendet wird, spricht hier doch jeder vom Ayers Rock Resort, in dem mehr oder weniger jeder übernachtet, der den Berg besucht. Es gibt Unterkünfte in allen Kategorien: vom exklusiven Chalet mit direktem Blick auf den roten Berg bis zur ordinären Campsite. Wir brauchen kein Chalet und auch kein Hotel und checken für unverschämte 48 AUD pro Nacht (ca. 33,50 Euro) auf der Campsite ein, womit wir uns überhaupt erst einen Platz für die kommende Nacht sichern. Allzu oft ist schon am Nachmittag alles ausgebucht. Schon verlassen wir Yulara wieder und fahren weiter zum Gate des Uluru-Kata-Tjuta-Nationalparks. Schnell sind wir 50 AUD (35 Euro) ärmer, denn so viel kosten zwei Tickets für den als Weltkulturerbe gelisteten Nationalpark.

Schreibweisen und Geschichte: An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir der Einfachheit halber auf die unterstrichenen Buchstaben bei Uluru (das r) und Kata Tjuta (das letzte t) verzichten werden, auch wenn wir sonst in unserem Blog sehr auf korrekte Schreibweisen achten. Wir sparen uns auch den obligatorischen historischen Abriss über die Entstehung der Berge und die Gründung des Nationalparks und ganz allgemein darüber, wie Berg und Gelände von den Anangu – den hier ansässigen Aboriniges – vor nicht allzu langer Zeit an die australische Regierung verpachtet wurden, wodurch ein stressfreier Besuch als Tourist überhaupt erst möglich wurde. Stattdessen schreiben wir lieber über unsere ganz persönlichen Erfahrungen der wenigen Tage, die wir hier verbringen dürfen. Um beim nächsten Stammtisch trotzdem ein bisschen angeben zu können: Die korrekte Betonung des Wortes Uluru liegt auf dem dritten (letzten) u.

Ein paar Minuten fahren wir noch auf der gut geteerten Straße, dann kommt für gute 3 km eine von vielen No-Stopping-Areas, wo durch eine gelbe Linie am Straßenrand signalisiert wird, dass man hier keinesfalls anhalten darf. Ausgerechnet jetzt, wo wir einen fantastischen Blick auf den roten Berg hätten, dürfen wir nicht halten! Zum Glück kommt mitten in der Halteverbotszone die Sunset Viewing Area für Pkw, die Reisebusse biegen kurz vorher auf einen kleinen Hügel ab und haben eine eigene Area.

Wir halten an und sind fast alleine, weil sich um diese Vormittagszeit kaum jemand hierher verirrt. Noch ein paar Kilometer weiter machen wir Halt beim Cultural Center, das von den Anangu betrieben wird. Die üppigen Informationen sind aufwendig präsentiert und mit etwas Zeit könnte man sicherlich besser verstehen, was es mit der Traumzeit der Aborigines auf sich hat und warum der Berg so wichtig für die Anangu ist. Dari macht uns wegen seines fehlenden Vormittagsschlafs einen Strich durch die Kulturzentrums-Rechnung und wir fahren lieber zurück zum Campingplatz.

Am Nachmittag sind wir wieder bei der Sunset Viewing Area, dieses Mal auch aber, um auch tatsächlich den Sonnenuntergang zu sehen. Viele Hundert Autos und mindestens doppelt so viele Besucher müssen es sein, die sich mit ihren Kameras jetzt auf dem Parkplatz versammelt haben, um das berühmte rote Glühen des Bergs in der Abendsonne zu bewundern. Hektisch und eng geht es aber nicht zu, der Parkplatz ist großzügig bemessen und man steht sich für die Fotos nicht gegenseitig im Weg. Die Sonne kommt von hinten, wir haben den Berg also nicht im Gegenlicht. Von glühen kann aber nicht die Rede sein, recht unspektakulär ändern sich die Farben des Bergs von seinem normalen Rot über ein fahles Rostrot bis zu langweiligem Graubraun, als die Sonne dann schon eine Weile hinter dem Horizont verschwunden ist. Macht ja nichts, der Berg selbst ist beeindruckend genug, auch ohne wechselnde und glühende Farben.

Den Sonnenaufgang am nächsten Morgen erwischen wir leider nicht, viel zu gemütlich ist es in unserem Camper. Wir schaffen es immerhin um 8:00 Uhr zum Mala Walk, einem von einem Ranger geführten Spaziergang, bei dem man den Berg aus nächster Nähe bewundern kann. So laut kann der Ranger gar nicht sprechen, um die vielen Touristen gegen den abartig starken Wind mit seinen Informationen zu versorgen. Wir beeilen uns lieber, gehen den Mala Walk alleine, bevor die Gruppe hinterherkommt und bereuen diese Entscheidung nicht. Wir treffen nur wenige andere Touristen, als wir dem Felsen so nah sind wie nur möglich.

Während viele Stellen frei zugänglich sind und man auch durch einige der großen Höhlen laufen kann, gibt es hier und da eingezäunte Bereiche mit auffälligen Hinweisschildern: Foto- und Filmaufnahmen sind links bzw. rechts dieser Schilder nicht gestattet, weil es sich um spirituell besonders wichtige Stellen für die Anangu handelt. Das respektieren wir natürlich und gehen brav weiter.

[icon size=’small‘ color=’#5F8CB4′ icon=’icon-info-1′ ]Besteigung des Uluru: Man kann den Uluru besteigen. Viele Touristen kommen sogar aus keinem anderen Grund hierher. Obwohl es genügend Hinweise und Warnungen gibt, dass der Aufstieg auf den knapp 350 über der umgebenden Landschaft liegenden Berg alles andere als einfach ist, sind schon viele Touristen dabei ums Leben gekommen. Die meisten wohl nicht wegen des schwierigen Terrains, sondern weil sie die Anstrengung unterschätzt oder sich selbst überschätzt haben. Neben der Gefährlichkeit gibt es aber einen ganz anderen, viel wichtigeren Grund, warum man den Uluru nicht besteigen sollte: Es ist von den Anangu aus kulturellen und religiösen Gründen nicht erwünscht. Es wird zwar geduldet, aber Verständnis dafür hat bestimmt keiner der ursprünglichen Bewohner der Region, ganz im Gegenteil.

Unser Traumteiler-Tipp: Man muss den Berg nicht bestiegen haben. Die Wünsche der Anangu gehen vor. Wer den Berg dennoch von oben sehen möchte, sollte einen Rundflug mit Flugzeug oder Hubschrauber buchen, wobei man ohnehin viel mehr sehen wird als wenn man mit den Füßen direkt auf dem Gipfel des Heiligtums steht.

Den Mittag verbringen wir bei den nicht weniger imposanten Felsen Kata Tjuta, die auch unter dem Namen The Olgas bekannt sind. In unserem Artikel darüber könnt ihr mehr erfahren. Als wir am frühen Nachmittag wieder beim Uluru sind, wollen wir diesen umrunden. Das ist zu Fuß möglich, ein gut ausgebauter flacher Wanderweg führt in gut 10 km um den Berg, oder aber mit dem Auto auf einer guten Straße. Wir entscheiden uns für die bequeme Variante ohne Hitze und Fliegen und fahren im Gegenuhrzeigersinn um den kilometerlangen Felsen.

Jetzt wird es Zeit für ein paar Worte zur Form des Uluru. Und warum er eigentlich so berühmt ist, schließlich handelt es sich ja einfach nur um einen Felsen in der Wüste. Das ist zwar richtig, es ist aber ein verdammt hoher Felsen inmitten einer gigantisch großen Wüste. Was ihn unserer Meinung nach so besonders macht, ist die Tatsache, dass er so völlig unverhofft und plötzlich erscheint inmitten des sonst eher flachen Outbacks. Es ist beinahe, als hätte man ihn woanders abgeschnitten und hierher transportiert. Das macht das Wahrzeichen Australiens sogar ohne Traumzeit, Aborigines und Anangu zu einem Phänomen und ist einen Besuch definitiv wert.

Die allermeisten Fotos, die ich in meinen bald 40 Lebensjahren vom Uluru gesehen habe, lassen mich bis zum heutigen Tag glauben, dass er die Form einer aufgeblähten, längs halbierten Wurst hat, die mit der Schnittfläche auf dem Boden liegt. Viel länger als breit oder viel breiter als lang, je nachdem, ob man die Wurst von der Seite betrachtet oder von einem der beiden Enden. Bei unserer Umrundung stellen wir fest, dass die Form des Bergs mit einer Wurst herzlich wenig zu tun hat. Genau genommen hat er überhaupt keine Form. Wohl ist er von einer Seite etwas kürzer im Profil als von der anderen, aber von Form kann keine Rede sein. Am ehesten erinnert uns die Abbildung aus der Vogelperspektive in unserem Touristen-Informationsblatt an einen Tintenklecks. Völlig willkürlich, ohne natürliche Symmetrien, ohne Regelmäßigkeiten. Auch bei längerem Betrachten kann ich beim besten Willen kein Tier, kein Symbol oder sonst etwas entdecken, woran mich der Tintenklecks erinnern würde.

Woran liegt es aber, dass man immer nur die Wurst-Ansicht des Bergs auf den Fotos sieht? Das ist schnell erklärt: Die meisten Fotos wurden offenbar von einer der Viewing Areas gemacht, die meisten wohl von der Sunset Viewing Area für Pkw oder von der für Busse, die zwar ein bisschen voneinander entfernt sind, den Berg aber aus der gleichen Richtung zeigen. Von hier aus sieht der Berg tatsächlich aus wie eine Wurst, weil man gar nicht sieht, wie weit nach hinten sich der Tintenklecks in Wirklichkeit noch erstreckt.

Wir besuchen am frühen Abend noch das Herz von Yulara, das Einkaufszentrum in der Mitte des Resorts. Ein beachtlich großer Supermarkt erwartet uns hier, außerdem ein paar Boutiquen und Souvenirgeschäfte für die Touristen, die es eilig haben, etwas typisch Australisches mit nach Hause zu nehmen. Dass die Preise im Supermarkt unverschämt hoch sind, wundert uns nicht weiter.

Am nächsten Morgen wollen wir unseren Camper an der Tankstelle im Resort auftanken. Dass auch die Spritpreise hier auf Rekordniveau sind, müssen wir nicht extra erwähnen: Für einen Liter Diesel verlangt man hier 2,08 AUD (1,45 Euro), während wir an der Küste wenige Tage vorher noch 1,46 AUD (1,02 Euro) bezahlt haben. Wir müssen kräftig schlucken, als wir für eine einzige Tankfüllung über 130 AUD (gut 90 Euro) bezahlen. Schon wieder ein neuer Rekord.

Mit vielen neuen Eindrücken im Kopf, tollen Fotos auf der Speicherkarte und viel Geld weniger im Geldbeutel verlassen wir Yulara und den Uluru wieder und fahren auf dem Lasseter Highway zurück nach Erldunda. Auch auf dem Lookout machen wir wieder Halt, bewundern den Mount Conner ein weiteres Mal und fragen uns, ob wohl auch dieser Berg mit seiner beeindruckenden Form irgendwann einmal ein eigenes Resort und Millionen von Touristen bekommen wird.

Natürlich haben auch wir brav unsere Wurstfotos von der Sunset Viewing Area aus gemacht, hier findet ihr unsere schönsten. Und ganz nebenbei auch noch ein paar ohne Wurstform: