Auf unsere Sitznachbarn, zwei junge Damen aus der deutschen Heimat, macht Dari nur den allerbesten Eindruck. Er schläft fast den kompletten Flug durch und wenn er wach ist, ist er gut gelaunt. So mögen wir das. Nach fast 7 Stunden steigen wir in Melbourne aus unserer Maschine und bringen in Rekordzeit Passkontrolle und Gepäckabholung hinter uns. Während unsere Rucksäcke bei der letzten Einreise nach Australien im März 2011 gründlich gefilzt wurden und wir beinahe unseren in Malaysia gekauften BOH-Tee hätten entsorgen müssen, interessiert sich heute niemand für die lebenden, in Australien bisher noch nicht heimischen Tiere, die Samen von multivernichtungsmittelresistentem Unkraut und das halbe Kilo Dope in unseren Rucksäcken.

Die Entscheidung, ob wir mit Bus und Bahn und 3 Mal umsteigen in 1,5 Stunden zu unserer Autovermieter kommen oder lieber 25 Minuten Taxi fahren, entscheiden wir zugunsten der Bequemlichkeit und sind schon um 9:00 Uhr in einem Industriegebiet im nordwestlichen Melbourne. Über STA Travel in Karlsruhe haben wir schon vor Monaten unseren Campervan gebucht, den wir jetzt abholen wollen.

Es gibt mehr als genug Optionen, sich in Australien fortzubewegen und zu reisen. Im März 2011 haben wir unsere ersten Erfahrungen mit dem Camperleben gemacht und wollen dieses einzigartige Gefühl auch dieses Mal wieder genießen. Wir haben uns also wieder für einen Campervan (auch Motorhome genannt) entschieden und haben damit Transportmittel, Küche, Schlafzimmer und Open-Air-Wohnzimmer auf einmal. Damit wir auch übernachten können, ohne jede Nacht Geld für einen Stellplatz auf einem Campingplatz auszugeben, wollen wir self-contained reisen, also unabhängig von Toiletten, Badezimmern und Küchen. Wir brauchen im Camper also ein kleines Bad, einen Frischwassertank, einen Tank fürs Grey Water (Abwasser aus Dusche/Bad/Küche) und eine Toilette mit Tank fürs Black Water (Abwasser aus der Toilette).

Die Qual der Wahl wurde uns zum größten Teil durch die Tatsache abgenommen, dass es in Australien vernünftigerweise vorgeschrieben ist, Babys und Kinder in einem geeigneten Sitz zu transportieren und dass nur die wenigsten Modelle der wenigsten Marken mit einem solchen Sitz bestückt werden können. Alle günstigen Marken wie Spaceships, Jucy und Wicked mit ihren größeren Pkw oder Vans scheiden gleich aus, ebenso die meisten kleineren Modelle der teureren Marken wie Kea, Maui, Star RV, Apollo, Britz und Mighty (alle Links zu Webseiten).

Campervan/Wohmobil mit Baby und Kleinkind: Als Campervan für uns mit unseren einjährigen Sohn kommen nur wenige Modelle infrage. Es muss möglich sein, einen Kindersitz (Child Restraint) zu montieren, in unserem Fall einen vorwärts gerichteten Sitz (Kind sitzt in Fahrtrichtung) mit integriertem Gurtsystem, der nicht auf den vorderen Sitzen (Beifahrer- oder Zwischensitz) montiert werden darf. Alle Optionen sind große Camper in der Klasse von Sprinter (Mercedes-Benz) und Crafter (VW) und zunächst überhaupt nicht mit unserem Budget verträglich. Während Anbieter wie Kea und Maui neue oder neuwertige Camper vermieten, die nicht älter als 3 Jahre sind, entscheiden wir uns für das Modell Double Up der Firma Mighty. Nach 3 Jahren im Einsatz bekommen die Autos der teureren Marken neue Aufkleber und werden unter einem anderen Namen günstiger weitervermietet. Auch unser Double Up ist ein solches günstigeres Modell, trotzdem sind die Mietkosten so hoch, dass wir unsere Reiseplanung geringfügig anpassen müssen.

Im Büro unseres Vermieters gibt es Sofas und Sessel, Wasser, Toiletten und freies WiFi. Den obligatorischen Self-Check-in haben wir bereits am Vorabend von Singapur aus übers Internet erledigt. Es wäre ebenso möglich gewesen, direkt vor Ort einzuchecken, hierfür stehen im Büro Computer zur Verfügung. Man gibt seine Daten an, die sonst üblicherweise ein Mitarbeiter bei der Abholung hätte abtippen müssen: Namen der Fahrer, Infos aus Führerschein und Reisepass, gebuchte Extras.

Wir laufen auf den Hof und sehen unseren Camper zum ersten Mal. Da steht er vor uns, 3,40 m hoch, unbeschreiblich lang, ein Riesending! Da wir sicherheitshalber die beste Versicherungsklasse ohne Selbstbeteiligung gebucht haben, sind wir nicht besonders pingelig, als wir die vorhandenen Dellen und Kratzer im Übergabeprotokoll vermerkt werden. Wir bekommen die Schlüssel und damit gehört das Riesending für die nächsten 5 Wochen uns!

Auch bei den technischen Erklärungen wird Personal gespart. Statt einer persönlichen Einführung in die Features unseres Campers schauen wir auf einem kleinen portablen DVD-Player ein Video an, in dem das Nötigste von gut gelaunten Schauspielern erklärt wird, wobei alles stets einwandfrei funktioniert. Dieses und andere Videos mit weiteren Informationen finden wir außerdem auf einem USB-Stick, der an unserem Schlüsselbund hängt. Wir bauen noch den als Extra gebuchten Kindersitz auf der Sitzbank direkt hinter dem Fahrersitz ein (ohne Isofix), räumen unser Gepäck in den Wagen und fahren los. Marsi übernimmt die erste Schicht, denn Linksverkehr mit einem Fahrzeug in dieser Größe hatten wir zum letzten Mal im Mai 2011 in Neuseeland mit Heidi, unserem Apollo-Campervan.

Dieses Mal sind wir aber trotz der langen Linksverkehr-Pause deutlich routinierter. Es fühlt sich fast an, als wären wir seither nie wieder auf der rechten Straßenseite gefahren, schnell gewöhnen wir uns an unser neues Zuhause. Jetzt wird es aber Zeit für ein paar Details, eine Feature List, eine Beschreibung, was die Kiste alles draufhat. Ach ja, wir taufen den Camper auf den Namen Ken, in Gedenken an den Mechaniker Ken, der unser Spaceship auf der letzten Weltreise in Australien repariert hat und erhoffen uns dadurch, dass uns Pannen, Unfälle und Werkstattbesuche auf jeden Fall erspart bleiben.

Die Fakten von Ken:

  • Maschine:
    • Basismodell: Mercedes Sprinter 513
    • Diesel, 5-Gang-Automatikgetriebe, Tempomat
  • Fahrerkabine:
    • CD-Radio, GPS-Navi mit Display für Rückwärtskamera
    • Klimaautomatik
    • extra-viel Stauraum
    • Mädchenhupe (kein Doppelton und viel zu leise)
    • Farhrer- und Beifahrersitz um 180 Grad drehbar, mit hinterer Sitzbank dadurch 4 Sitzplätze am Tisch
  • Kochen:
    • großer Kühlschrank mit Gefrierfach
    • LPG-Flasche im hinteren Teil mit ausreichend Vorrat
    • 4-Flammen-Gasherd mit Backofen
    • Spüle mit 2 Wasserhähnen und Ablagefläche
    • Mikrowelle, Wasserkocher, Toaster (nur mit 240 V)
  • Schlafen:
    • Hauptbett hinten, Liegerichtung quer
    • zweites Bett über der Fahrerkabine, Liegerichtung quer
    • 2 Decken, 4 Kissen, Bettzeug
  • Bad:
    • Campingtoilette mit Kassette und Chemikalien
    • Dusche, Waschbecken, Spiegelschrank (wie vornehm!)
  • Sonstiges:
    • Klimaanlage zur Heizung und Kühlung (nur mit 240 V)
    • zweite 12-V-Batterie für die Versorgung der elektrischen Geräte (außer Klimaanlage und Küchengeräte)
    • Gasbrenner zur Wassererwärmung für Dusche und Küche
    • Jalousien und Moskitonetze an allen Fenstern, Vorhänge zur Fahrerkabine
    • 3 Dachfenster
    • Tür in der Mitte der Fahrzeugseite (Beifahrerseite) mit elektrisch ausfahrbarer Treppe
    • Markise an Außenseite über der Tür
    • Flatscreen-TV mit DVD-Player und kleiner Stereoanlage
    • Safe
    • Tisch für innen, Campingtisch und 3 Stühle für außen
    • Geschirr, Besteck und Töpfe/Pfannen für 4 Personen

Hier gibt es noch ein paar Fotos von Ken, damit ihr euch auch vorstellen könnt, wovon wir hier schreiben: