Mal wieder schaffen wir es nicht, den Wecker zu hören. Wir fahren erst um 10:30 Uhr los, verlassen Franz Josef und arbeiten uns über eine schlechte Straße nach Norden vor. Unterwegs sehen wir viele kleine Städtchen, machen hier und da Halt für Fotos und freuen uns über das relativ gute Wetter.

Von den Gletschern zum Abel Tasman Nationalpark

Kurz vor Westport besuchen wir die Pancake Rocks, das sind Sandsteinfelsen, die wie übereinander geschichtete Pfannkuchen aussehen. Wind und Wasser haben bizarre Formen gebildet, an manchen Stellen haben sich mächtige Kamine gebildet, in die das Wasser der gerade kommenden Flut so viel Druck aufbaut, dass es in Form von feinen Wasserteilchen viele Meter weiter oben wieder herauskommt.

Die nächsten beiden Tage wollen wir im nördlichen Zipfel der Südinsel verbringen. Wir fahren nach Pohara, etwas nördlich vom Abel-Tasman-Nationalpark. Der Pass über den Takaka Hill hat es in sich, unsere Heidi hat ganz schön zu kämpfen mit den engen Straßen und den vielen Serpentinen. Tags darauf regnet es nur ein Mal, und zwar den ganzen Tag. Wir machen nicht viel und gönnen uns, wenn auch unfreiwillig, einen freien Tag. Das muss auch mal sein.

Unsere Pläne, den Abel-Tasman-Nationalpark zu besuchen und dort ein paar Treks zu machen, werden vom Regen durchkreuzt, denn die Wege sind schlammig und viele Straßen wegen Überflutung geschlossen. Wir beschließen, nach Nelson weiterzufahren. Wir müssen wieder über den Takaka Hill, auch dieses Mal kämpft Heidi mit den steilen Straßen.

Nelson: Marsi im Perlenrausch

Schon am Nachmittag kommen wir in Nelson an, suchen uns eine schöne Campsite und gehen in die Innenstadt. Wir verkaufen ein paar unserer Bücher in einem Buchgeschäft und nehmen dafür einen ranzigen aber aktuellen Reiseführer für Südamerika mit, denn unser Abflug nach Chile rückt langsam näher. Auch wenn wir viele Reiseführer digital auf dem Laptop dabeihaben, haben wir festgestellt, dass ein richtiges Buch aus echtem Papier durch nichts zu ersetzen ist.

Am späten nächsten Morgen sind wir wieder in Nelsons Innenstadt und besuchen die Christ Church Cathedral, die unübersehbar auf einem Hügel am Ende der zentralen Einkaufsstraße liegt. Wir sind weder Kirchen- noch Museums-Fans, doch diese kleine Kathedrale gefällt uns. Wir sind die einzigen Besucher, während die Organistin gerade übt und den Eindruck perfekt macht.

Nicht weit entfernt ist ein wahrlich besonderer Laden, wohl einzigartig in Neuseeland und vielleicht auch auf der ganzen Welt. Schlicht „Beads“ heißt er, drinnen gibt es eine unglaubliche Auswahl an allem, woraus man Schmuck machen kann. Perlen in allen Formen und Größen, bunte, silberne, gläserne, hölzerne, teure, günstige, echte, künstlich, alles ist dabei. Marsi fühlt sich wie im Paradies, sucht in allen Ecken des Ladens Steine aus kleinen Plastikbehältern zusammen und ist äußerst kreativ.

Sie bastelt ein paar Arm- und Halsketten, worauf sie von Miniru, Bruno und Bubu angestupst wird. Marsi versteht schnell. Die drei wollen endlich einheitliche Halskettchen haben, wo sie doch schon so lange zusammen gereist sind und bereits die halbe Welt gesehen haben. Also sucht Marsi die passenden Steine und macht drei gleiche Ketten in unterschiedlichen Längen, die unsere Monster natürlich gleich anziehen wollen.

Mit der Fähre von Picton nach Wellington auf die Nordinsel

Irgendwann läuft die Parkuhr ab und wir verlassen Nelson. Diese kleine Stadt hat uns wirklich gut gefallen. Es ist sonnig und schön warm, als wir kurz vor 15 Uhr Richtung Picton weiterfahren. Susi, unser GPS-Navi, zeigt gut 40 km weniger Kilometer nach Picton an als auf den Straßenschildern steht. Bald wissen wir, warum das so ist. Sie lotst uns auf den Queen Charlotte Drive, wir fahren vom bequemen Highway ab. Die Straßen sind steil, eng und verdammt kurvig. Schneller sind wir über diesen Weg ganz bestimmt nicht. Aber wir werden belohnt mit Ausblicken auf die zahlreichen Fjorde, die wir vom Highway aus nicht gesehen hätten.

Picton erreichen wir bei Sonnenuntergang. Von hier legen die Autofähren zur Nordinsel ab, wir buchen die Überfahrt mit einer der Fähren für den nächsten Tag.

Da wir erst am Nachmittag am Hafen sein müssen, haben wir am nächsten Tag noch genügend Zeit für ein bisschen Sightseeing in Picton. Viel zu bieten hat die Stadt nicht, es gibt eine kleine Einkaufsstraße im Zentrum und einen – für dieses beschauliche Städtchen – gigantischen Hafen. Das Wetter ist traumhaft, ich gehe am Hafen entlang. Marsi entdeckt schnell, dass es auch hier eine Beads-Filiale gibt, die auch noch 50% Rabatt auf das komplette Sortiment anbietet.

Ein paar Schmuckstücke später fahren wir Heidi ins untere Deck der riesigen Autofähre und machen es uns in einem der oberen Decks gemütlich. Die gut 3-stündige Transfer ist mehr wie ein Bootsausflug durch die Fjorde, die See ist heute ruhig und wir genießen den Ausblick.

Wellington

Bei Sonnenuntergang kommen wir in Wellington an, Neuseelands Hauptstadt im Süden der Nordinsel. Auch hiermit könnt ihr beim nächsten Stammtisch auftrumpfen: Die Hauptstadt von Neuseeland ist weder Auckland noch Christchurch, sondern Wellington. Mitten in der Stadt soll es eine Campsite geben, in Laufnähe zu allen Sehenswürdigkeiten. Das finden wir äußerst praktisch, würden wir uns doch gleich die Parkgebühren für unsere Heidi sparen, während wir die Innenstadt unsicher machen. Wir fahren zweimal an der Campsite vorbei, bis wir sie endlich entdecken: Auf einem großen Parkplatz, zwischen Hafenpromenade und Hauptstraße, gibt es einen abgesperrten Teil, das ist die Campsite. Kein Grün, keine Bäume, keine Sitzbänke wie sonst auf den anderen Campsites, nur ein grauer Parkplatz mit einem Toilettengebäude. Personal gibt es hier nicht, eingecheckt wird an einem Terminal, für die Benutzung der Toiletten und Bäder benötigt man einen PIN-Code.

Einschlafen bei Straßenlärm und Blaulicht-Geheule, prima. Dafür ist der Preis deutlich höher als auf allen anderen Campsites, auf denen wir bisher waren, das sehen wir gar nicht ein. Ein paar Kilometer weiter finden wir einen gemütlicheren Platz für die nächste Nacht.

Wir verbringen den folgenden Tag mit Sightseeing in Wellington. Nach dem Frühstück verlassen wir die gemütliche Campsite außerhalb der Stadt und fahren wieder den unsäglichen Parkplatz an der Hafenstraße an. Wir sind immer noch nicht bereit, 50 NZD (28 Euro) für eine Nacht auf einem Parkplatz mitten in der Stadt zu bezahlen. Wir stellen unsere Heidi stattdessen auf einen freien Parkplatz außerhalb der Absperrung der Campsite, keine 30 m entfernt. Ein Parkticket für 24 Stunden kostet hier nur 21 NZD (12 Euro), und schließlich haben wir ja Toilette und Dusche an Bord, sind also nicht auf die PIN-gesicherten Bäder der Campsite angewiesen. Den Hinweis auf dem Parkscheinautomaten lesen wir erst, nachdem wir das Ticket gezogen haben: „Please do not camp here.“ Uns egal, wir bleiben hier.

Zuerst steht Te Papa auf dem Programm. Knapp 2 Stunden verbringen wir in dem modernen 6-stöckigen Museum, wir sind begeistert, denn es kostet keinen Eintritt. Wir sehen einen über 4 m langen Octopus und erfahren viel über Neuseelands Geschichte und die Maori-Kultur. Mittagessen gibt es auf dem Sonntagsmarkt direkt vor dem Museum. Wir laufen durch die Haupt-Einkaufsstraßen, besuchen den Courtenay Place und die Cuba Street. Mit dem Cable Car fahren wir nach oben zum botanischen Garten und sehen eine Nachmittagsvorstellung im Planetarium, dem Carter Observatory. Den Abend beenden wir mit einem gemütlichen Essen beim Thailänder.

Wellington ist – für eine Hauptstadt mit knapp einer halben Million Einwohnern – erstaunlich gemütlich, wir werden auch den nächsten Tag hier verbringen. Mehr dazu gibt es im nächsten Bericht. Hier findet ihr unsere Fotos der 4. Woche: