Unser erster Morgen auf der Campsite in Christchurch beginnt genau so, wie der Abend aufhörte: grau und wolkig. Na prima. Uns war schon klar, dass wir uns auf schlechtes Wetter einstellen müssen und dass es auch mal regnen kann, aber gleich am ersten Tag? Der Regen lässt auch gar nicht lange auf sich warten, um die Mittagszeit geht es los.

Shopping in Christchurch

Heute wollen wir ohnehin nicht viel tun. Wir haben uns einen Voucher fürs WiFi auf der Campsite gekauft, erledigen dies und das online, ärgern uns aber die meiste Zeit darüber, dass das Netz nicht richtig funktioniert. Unsere Klamotten sind in den Waschmaschinen und später wollen wir ein bisschen shoppen gehen. Die Innenstadt von Christchurch ist seit den Erdbeben im Februar 2011 gesperrt, das ist gerade einmal ein paar Monate her. Man empfiehlt uns, die Stadt möglichst schnell wieder zu verlassen, denn es gab auch mehrere Nachbeben von ansehnlicher Stärke.

Wir gehen also in ein Einkaufszentrum am Rande der Innenstadt, aber es ist schon kurz nach 5. „Ja und?“ denkt ihr jetzt sicherlich, das dachten wir auch. Aber ausgerechnet die interessanten Shops schließen schon um 17:30 Uhr, das lohnt sich heute nicht mehr. Beim Thailänder neben der Campsite lassen wir den Abend ausklingen und genießen zwei fantastische Currys.

Neuer Tag, neues Glück. Wir planen, Christchurch heute zu verlassen und sind vor 10 Uhr bei den Shops, die gestern allzu früh schließen wollten. Wie ihr aus unseren älteren Artikeln wisst, haben meine gute Raichle-Trekkingschuhe schon einen Monat nach der Abreise den Geist aufgegeben, ich habe vom Hersteller ein Ersatzprodukt bekommen. Diese Wildlederschuhe waren prima für Indien, Südostasien und Australien. Aber jetzt geht’s los mit Regen, Schnee und Kälte, da können die leichten Treter nicht viel ausrichten und ich brauche ein paar neue, richtige Schuhe.

Außerdem zeigt mein Rucksack Altersschwäche. Er ist über 10 Jahre alt und hat schon viel mit- und durchgemacht. Die Beschichtung auf der Innenseite löst sich auf und markiert alles im Rucksack mit kleinen schwarzen Fetzen aus einer gummiartigen Masse. Um die komplette Beschichtung Millimeter für Millimeter abzuziehen, bräuchten wir mindestens einen kompletten Tag.

Es ist kurz nach Ostern und überall locken uns Schilder mit „Easter Sale 70 % off“ in die Läden. Gleich im ersten werden wir fündig. Ich bekomme einen neuen Rucksack, es ist ein Lowe Alpine Expedition 75+20 mit TFX-Tragesystem. Er passt gut und ist mehr als ausreichend groß, selbst wenn wir mal ein bisschen mehr mitnehmen wollen. Preislich liegt er deutlich unter dem ehemaligen Verkaufspreis, man kann also durchaus von einem guten Deal sprechen. Das Modell kann man leider nicht mehr kaufen, allerdings ist der Lowe Alpine Cerro Torre 75+20 XL vergleichbar.

Im nächsten Shop finden wir auch ein paar Schuhe, die mir hervorragend passen, ein Paar wasserdichte Schuhe von Typ Firebrand der Marke Oboz. Diese Marke kannten wir bisher nicht, doch Qualität und Passform sind überragend, außerdem sind sie im Easter Sale heruntergesetzt, sodass wir nicht lange überlegen.

Marsi beim Arzt, mobiles Internet und alte Freunde

Eigentlich könnten wir jetzt starten, wir haben alles, was wir brauchen und sind bereit für die Südinsel. Aber Marsi geht es nicht so richtig gut. Seit sie auf den Fidschis eine Mandelentzündung hatte, fühlt sie sich schlapp und müde, hat leichtes Fieber und Schmerzen an der Seite. Sie fühlt sich an ähnliche Schmerzen erinnert, die sie vor Jahren bei einer Nierenbeckenentzündung hatte, damals musste sie über eine Woche im Krankenhaus behandelt werden. So weit wollen wir es nicht kommen lassen und besuchen am späten Nachmittag ein Medical Center im Stadtteil Riccarton. Bezahlt wird hier im Voraus, dann darf Marsi die Ärztin sehen. Die sympathische Ärztin ist Deutsche, die Marsi sofort wieder auf Antibiotika setzt und meint, sie solle möglichst schnell ins Krankenhaus gehen, sollte das Fieber steigen. Marsi lag also richtig mit ihrer Vermutung und wir sind froh, dass wir beim Arzt waren und dass uns hier so schnell geholfen wurde.

Der Tag ist schon fast wieder vorbei, weit würden wir heute ohnehin nicht mehr kommen. Wir fahren also zurück zur Campsite in Christchurch und checken wieder ein. Vorher halten wir an einem Einkaufszentrum und besorgen uns eine neuseeländische SIM-Karte für unser Handy. Außerdem sind wir die unverschämten Preise für viel zu langsames Internet schon jetzt satt. Wir kaufen im Vodafone-Shop eine weitere SIM-Karte, die in einem kleinen USB-Stick steckt. Mit dieser Kombination haben wir mobiles Internet über UMTS für unser kleines Laptop und können nach Herzenslust 2 GB Datenvolumen versurfen. Nicht ganz billig, aber ungemein praktisch. Auch die Artikel für unser Blog, das ihr gerade lest, veröffentlichen wir über diesen Stick.

Marsi geht es am nächsten Morgen schon besser, zum Frühstück treffen wir Marie und Alex. Die Ex-Kollegen von 1&1 machen ein paar Wochen Urlaub in Neuseeland und sind gestern angekommen. Um 13:30 Uhr verlassen wir Christchurch nach 3 Nächten, heute wollen wir es bis zur Westküste schaffen, denn wir haben uns mit Eric und Maaike verabredet. Die beiden sehen wir schon zum dritten Mal nach Malaysia und Australien wieder. Auf dem kompletten Weg regnet es, mal mehr, mal weniger, oben auf dem Arthur’s Pass richtig heftig mit Windböen. Von der Landschaft sehen wir nicht viel, alles ist in Nebel und Wolken gehüllt. Aber wir sehen Schafe, allein an diesem Tag müssen es Tausende sein.

Notaufnahme in Greymouth

Nach vielen Serpentinen kommen wir kurz nach Einbruch der Dunkelheit in Greymouth an. Vor dem Abendessen beschließen wir, dass wir mit Marsi ins Krankenhaus fahren. Ihre Schmerzen sind wieder da und wir befürchten, dass die Antibiotika nicht anschlagen. Also gut, Krankenhaus. Zum Glück gibt es hier eines, denn so viele große Städte gibt es auf unserer Route gar nicht. Um 20:00 Uhr Uhr warten wir in der Notaufnahme, vorab bekommt Marsi schon mal ein paar Schmerzmittel, kann ja nicht schaden.

Die diensthabende Ärztin ist davon überzeugt, dass Marsis Schmerzen einfache Rückenschmerzen sind, denn Bakterien lassen sich nicht nachweisen. Kein Wunder, denn seit gestern trinkt Marsi literweise Wasser und Tee, um alles ordentlich durchzuspülen. Ein Bluttest wird bestätigen, dass Marsis Schmerzen tatsächlich von einer Entzündung kommen, die Ärztin hält das Medikament aber für das Richtige und für korrekt dosiert und gibt der immer noch von Schmerzen geplagten Marsi noch mehr Schmerzmittel. Dieses Mal aber nicht die üblichen, sondern ein magisches Medikament mit dem Namen Tramadol. Ich bemerke im Namen Parallelen zu Tramal, einem Medikament, das ich noch aus meiner Zivi-Zeit kenne. Ganz böser Stoff, so viel weiß ich noch.

Marsi geht es bald besser, um 22:30 Uhr sitzen wir im Camper und sie strahlt mich an. Die Schmerzen sind wie weggefegt. Ich gehe kurz auf die Toilette und werde von Marsi überrascht, als ich wiederkomme: „Mir ist so übel. Alles dreht sich. Als hätt ich viel zu viel getrunken. Von jetzt auf gleich ist mir ganz schlecht.“ Aha, Tramadol, böser Stoff. Vielleicht hätte eine Pille genügt. Die kommende Nacht wird für Marsi kein Spaß, denn an guten Schlaf ist mit diesem Zeug im Blut kaum zu denken.

Zum Glück ist vom Medikamenten-Rausch am nächsten Morgen nichts mehr zu spüren. Die Schmerzen sind dafür wieder da, aber nicht mehr so stark. Wir decken uns in der Apotheke mit einem 10-Jahres-Vorrat Ibuprofen und Paracetamol ein, die uns die Ärztin gestern auf einem Rezept verschrieben hat.

Franz-Josef-Gletscher

Wir fahren an der Küste entlang Richtung Süden und halten an diversen Seen an. Das Wetter wird besser. Als wir um 15:00 Uhr Eric und Maaike treffen, ist der Himmel fast wolkenlos. Wir sind in Franz Josef, nur 2 Kilometer von Neuseelands bekanntestem und gleichnamigen Gletscher entfernt. Während wir Kaffee trinken und uns über die letzten Wochen austauschen, sticht mich eine Wespe in den Nacken. Nicht weiter schlimm, aber damit hätten wir wirklich nicht gerechnet. Wespen bei diesen Temperaturen?

Marsi kocht uns ein erstklassiges Gulasch, essen müssen wir aber draußen vor der Küche, weil eine Gruppe Taiwanesen die komplette Küche für sich beansprucht. Spät abends hat uns der Regen wieder eingeholt, prima. Kann ja lustig werden, wenn das so weitergeht.

Nach dem Frühstück hört der Regen endlich auf, wir machen mit Eric und Maaike einen Abstecher zum Franz-Josef-Gletscher. Vom Parkplatz laufen wir eine knappe Stunde durch das Geröll bis kurz vor die mächtige Eiswand. Wir nehmen die Warnschilder ernst und versuchen erst gar nicht, ohne einen gletscherkundigen Guide bis zum Eis zu kommen. Auch von hier unten sieht es beeindruckend aus: Das Eis schimmert leicht bläulich, aus einer Höhle am Fuß kommt ein eiskalter Fluss aus geschmolzenem Eis.

Die „Stadt“ Franz Josef besteht aus einer Straße mit ein paar kleinen Seitensträßchen, es gibt einen Supermarkt, ein paar Cafés und eine Handvoll Tourenanbieter. Halb- und Gaztagestouren zu Fuß, Heli Hikes, Snow Landings mit dem Hubschrauber und Rundflüge werden hier angeboten. Wir würden gerne eine solche Tour machen, doch geht es Marsi noch nicht gut genug. Außerdem sind die Preise für die Touren so hoch, dass wir wenigstens einen richtig tollen Tag bei schönem Wetter haben wollen, wenn wir das Geld schon ausgeben. Und von schönem Wetter ist nicht viel zu sehen. Abends zaubert uns Marsi ein Thai Curry mit Reis, dieses Mal können wir sogar in der Küche essen, die Taiwanesen sind wohl schon weitergefahren.

Ausflug zum Fox-Gletscher

Am nächsten Mittag bleibt Marsi im Camper und ruht sich aus, während ich mit Eric und Maaike zum gut 20 km entfernten Fox-Gletscher fahre. Eine Viertelstunde laufen wir vom Parkplatz durch Geröll aller Größen, nur vor wenigen Jahren war genau an dieser Stelle noch das Eis des Gletschers. Momentan zieht sich der Fox-Gletscher zurück. Das Verrückte an den beiden Gletschern (Franz Josef und Fox) ist, dass sie nur ein paar Kilometer von der Küste entfernt sind. Auch riskieren wir hier keine Höhenkrankheit, denn der Fox-Gletscher beginnt auf nur 300 m über dem dem Meer. An den Hängen des mächtigen Gletschertals wächst Regenwald. Beide Gletscher sind viele Kilometer lang und Teil der südlichen Alpen von Neuseelands Südinsel. Auch aus dem Fox-Gletscher strömt ein eiskalter Fluss, das massive Eis schimmert sogar bei bewölktem Himmel noch blau. Als wir wieder den Parkplatz erreichen, regnet es schon wieder und will für den restlichen Tag auch nicht mehr aufhören. Der kleine Ort beim Fox-Gletscher verdient das „Township“ nicht wirklich, denn hier gibt es noch weniger als in Franz Josef. Der Supermarkt ist noch kleiner und es gibt nur einen Anbieter von geführten Gletschertouren.

Weiter nach Wanaka

Abends gibt es das traditionelle deutsch-holländische Traveller-Freundschafts-Essen: Pizza und frische Kürbissuppe, das hatten wir auch in Australien schon. Nachts regnet es immer noch und wir sind kurz davor zu glauben, was uns die beiden Holländer immer wieder einreden: Der Regen folgt uns mit einem Tag Versatz.

Um 11:00 Uhr fahren wir am nächsten Tag los, verabschieden uns von Eric und Maaike und verabreden uns für irgendwo und irgendwann in Südamerika, denn dort werden sich unsere Wege wieder kreuzen. Bis zurück zur Küste ist die Straße kurvig, Heidi meistert sogar enge Serpentinen grandios. Eigentlich fährt es sich gar nicht viel anders als ein normales Auto, mit der Schaltung auf der linken Seite kommen wir inzwischen gut klar.

Wir halten an zu vielen Seen an, Lake Hawea, Lake Wanaka und wie sie alle heißen, so dass wir erst um 18:00 Uhr die Campsite in Wanaka (alle Links zu Wikipedia) erreichen. Mit 42 NZD (23 Euro) pro Nacht bezahlen wir hier etwas mehr als sonst, dafür gibt es einen echten Mehrwert auf diesem Zeltplatz: WiFi, Sauna und 2 heiße Whirlpools, alles kostenlos.

Hier findet ihr Fotos unserer ersten Woche in Neuseeland: