Am 5. Dezember 2010 beginnt unsere Tour durch Rajasthan, für Marsi die große Chance, etwas anderes von Indien als stinkende Großstädte zu sehen. Die Provinz liegt im Nordwesten Indiens, beginnt etwas westlich von Delhi und dehnt sich nach Westen aus bis zur pakistanischen Grenze. Julia will aber ein letztes Mal mit dem Flughafen und Turkish Airlines telefonieren, wir geben die Hoffnung nicht auf, dass ihr Gepäck vielleicht doch schon in Delhi ist und nur am Flughafen auf Abholung wartet. Neuigkeiten gibt es leider nicht, nur das übliche Verweisen vom einen zum nächsten, das wir schon kennen.

Gegen Mittag steigen wir in unser Auto, Julia immer noch ohne Gepäck. Unser Fahrer Guru bringt uns in guten 5 Stunden von Delhi nach Agra, wo wir im vorgeschlagenen Hotel die Zimmerpreise von 1.400 INR auf sagenhafte 500 INR herunterhandeln und nach einem recht geschmacklosen Abendessen im Hotelrestaurant doch recht geschafft unser mit Marmor umrandetes Bett besteigen.

Taj Mahal bei Sonnenaufgang

Schon um 6:15 Uhr kaufen wir Tickets für das Taj Mahal für überteuerte 750 INR/Person (ca. 12,50 Euro), aber deswegen sind wir ja schließlich hier. Die Schlange am Eingang ist noch nicht allzu lang, trotzdem müssen wir warten, bis wir eine halbe Stunde später endlich eingelassen werden. Der Security Check am Eingang ist leider so übertrieben gründlich, dass sofort entdeckt wird, dass ich schon wieder etwas Illegales in eine wichtige Sehenswürdigkeit dieser Welt schmuggeln möchte: mein kleines Mini-Plastik-Kamerastativ, das ich zusammen mit Ersatzakku und Speicherkarte in der Hosentasche trage. Natürlich, es könnte vielleicht explodieren oder den Marmorboden zerkratzen, deswegen gibt es jetzt 2 Möglichkeiten: entsorgen oder 10 Minuten zurücklaufen zum Locker Room. Natürlich entscheide ich mich für die zweite Option und bezahle noch 20 INR (0,33 Euro) für die Aufbewahrung. Wenn ich für das Verbot großer Metallstative noch einigermaßen Verständnis hätte aufbringen können, hört spätestens bei meinem kleinen Gorilla-Pod der gute Wille auf. Aber wir haben keine Wahl.

Gute 20 Minuten später biegen wir um die Ecke und da ist es: Einer der Hauptgründe für unseren Indien-Besuch, ein Kulturdenkmal von Weltklasse, viele hundert Jahre alt! Wir sehen das berühmte und millionenfach fotografierte Taj Mahal bei Sonnenaufgang, während noch nicht allzu viele Besucher unterwegs sind. Und wir stellen fest, dass die vielen bekannten Fotos mit der Spiegelung im Wasser tatsächlich echt sind, auch uns gelingen viele gute Aufnahmen, wie ihr ganz unten in diesem Bericht sehen könnt. Wer nach Indien kommt, sollte sich das Taj Mahal keinesfalls entgehen lassen, auch wenn es inzwischen irgendwie jeder kennt, aber es lohnt sich allemal. Zwei Stunden lang genießen wir die Stimmung, vom Fluss zieht ein geheimnisvoller Nebel auf die Terrassen herauf und hüllt einige der Gebäude in weiße Suppe.

Ranthambhore: Stress im Hotel

Auf der Weiterfahrt nach Rajasthan (Agra liegt im Bundesstaat Uttar Pradesh und nicht in Rajasthan, war aber trotzdem Teil unserer Tour) sehen wir noch einen der vielen Stufenbrunnen, bis wir um kurz vor 20 Uhr endlich in Ranthambhore ankommen. Es ist längst dunkel. Während der gesamten Tour lassen wir uns von unserem Fahrer Guru Unterkünfte zeigen, von denen er annimmt, dass sie in unser Budget passen könnten. In allen Städten gibt es viel mehr Hotels und Gästehäuser als in allen Reiseführern dieser Welt zusammen, so dass wir uns nicht allein auf Lonely Planet & Co. verlassen wollen. Das ist einer der großen Vorteile, wenn man sich mit Fahrer und nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegt: Wenn es uns irgendwo nicht gefällt, steigen wir wieder ins Auto und fahren weiter, ganz einfach. Und in den nächsten beiden Wochen wird es viele Hotels geben, die uns nicht gefallen. ;-)

Guru fährt uns zum City Heart Hotel. Ein überfreundlicher Rezeptionist zeigt uns 2 tolle Zimmer im 1. OG, eines mit Blick auf den großen Garten. Unsere Frage, was denn mit der großen Baustelle im Garten sei und ob die Arbeiter denn tagsüber auch aufhören würden, da wir uns sehnlichst einen chilligen Tag im Garten wünschen würden, wurde beantwortet mit „Yes sir, anytime you want, I will make them stop working, no problem“. Nach mehrmaliger Bestätigung, dass er das auch wirklich ernst meint, beziehen wir unsere Zimmer. Nach dem Abendessen gehen wir ins Bett, denn der Tag war lang und die Fahrt staubig und anstrengend, es ist kurz nach 22 Uhr. Die Bauarbeiter um Garten sind immer noch aktiv. Und es kommt, wie es kommen muss.

Wir hören noch gemütlich ein Hörspiel und in dessen Mitte ruft Marsi zunächst in der Rezeption an und fragt, ob die Arbeiter denn nun bitte aufhören können. Eine halbe Stunde warten, das Hörspiel ist vorbei, die drei Fragezeichen haben ihren Fall mit Hilfe von Kommissar Reynolds gelöst, und ihr ahnt es schon: sägen, hämmern, bohren, unaufhörlich. Marsi wird ungeduldig, zieht sich an und geht persönlich zur Rezeption.

Marsi: What’s going on? Didn’t you want to stop that noise half an hour before?

Rezeption: Yes mam, of course, we will stop now, no problem.

Weitere 15 Minuten später gehe ich in den Garten, wo der Hotelmanager und der überfreundliche Rezeptionist den Bauarbeitern gemütlich von 2 Stühlen aus zusehen, inzwischen ist es kurz vor Mitternacht und wir sind wirklich müde.

Manager: Only 5 minutes, I promise, only finish this work.

Mir reicht es jetzt richtig und ich erinnere die Mitarbeiter – inzwischen nicht mehr in freundlichem Ton – an ihr Versprechen, dass die Bauarbeiten ja jederzeit unterbrochen würden, wenn sie uns stören.

Manager: Only 10 minutes then stop, believe me!

Daniel: No, I say now, I mean now and you will stop now.

Manager: Yes, I understand, we will stop in 5 minutes.

Daniel: What is so hard to understand about „now“? You will stop that noise right away and keep your promise!

Kurze Zeit später ist Ruhe. Zumindest im Garten, denn wie auf Kommando steigt jetzt eine Party im Hotel und nimmt eine Lautstärke an, dass wir uns die Arbeiter im Garten wieder herbeigewünscht hätten. Türenschlagen, Möbelrücken und Geschrei plagen uns noch mindestens eine Stunde lang, bis wir endlich einschlafen können. Wir dürfen annehmen, dass es dem Hotelmanager wirklich gestunken hat, dass wir seine Bauarbeiter im Garten schon um Mitternacht von ihrer Arbeit abgehalten haben und er deswegen diese und seine Mitarbeiter dazu animiert hat, ganz vorsätzlich richtig schön laut zu sein. Denn plötzlich waren auch lärmende „Gäste“ im Zimmer neben uns.

Wie es zu erwarten war, beginnt auch der nächste Tag kurz nach Sonnenaufgang mit hämmern, bohren und sägen, wie soll es anders sein. Wir stehen unfreiwillig früh auf, duschen gemütlich und setzen uns in den Garten neben die Baustelle. Freundlich fragen wie die Angestellten im Hotel, ob sie denn bitte für eine halbe Stunde die Bauarbeiten unterbrechen würden, weil wir gerne frühstücken würden. „Yes sir, no problem.“ Es passiert nichts, gar nichts. Der überfreundliche Rezeptionist redet inzwischen gar nicht mehr mit uns. Wenn wir ihn etwas fragen, ignoriert er uns einfach, schaut uns nicht einmal mehr an. Wir werden wütend und haben aber eine Idee. Inzwischen ist nämlich auch Julia wach und schnell beschließen wir, dass wir diesen Ort sofort verlassen müssen, so viel Dreistigkeit und Unverschämtheit brauchen wir nicht. Schlaf ist uns heilig, in Indien doppelt, wie wir noch mehrfach berichten werden.

Und so geht es beim Bezahlen der Rechnung zur Sache:

Daniel (zum Rezeptionisten): So, who is the manager of this hotel? Is that you?

Rezeptionist: Yes, I’m the manager. Your bill is ready, pay now.

Daniel: Of course, but there is one thing about the bill. You promised us a quiet night and a quiet day, nothing of that came true, you simply ignore everything we’re asking you for. I suggest you either give us 50% discount on the room rate for last night or you just cancel the food bill from dinner.

Rezeptionist: Why you asking this? This is not possible, you had room, you had food, you will pay.

Daniel: Yes, but we pay for what we were promised, so we will not pay the whole amount.

Rezeptionist: You have to talk to manager.

Manager? ER ist doch der Manager! Ist er natürlich nicht. Wieder eine Lüge.

Da streite ich mich munter mit dem Rezeptionisten und dem Hotelmanager um knappe 5 Euro für unser Abendessen, denn blöderweise haben wir unsere Zimmer bereits am Vorabend im Voraus bezahlt. Dieses Geld zurückzuholen ist also aussichtslos. Aber wir lernen daraus und bezahlen zukünftig nicht wieder im Voraus.

Ich finde so viel Spaß an der Diskussion mit den beiden am Vortag noch überfreundlichen, jetzt aber unverschämten Hotelangestellten, dass ich mit schlechten Ratings fürs Hotel und sogar mit der Touristenpolizei drohe. Was würden wir denn den Polizisten erzählen? Wir möchten 5 Euro nicht bezahlen, weil eine Baustelle im Garten ist? Herrlich viel Spaß macht es trotzdem, den sonst so schleimig-freundlichen Rezeptionisten auflaufen zu lassen, ihn vor seinem Manager mit all den Versprechen zu konfrontieren und ihn immer wieder zu fragen, warum er uns denn anlügt. Ob das seine Art ist, Geschäfte zu machen. Nicht das Gesicht verlieren, nicht laut werden, immer im richtigen Ton: Klar, das beherrschen wir perfekt! Als der Manager uns nach ein paar Minuten mit einem „Okay, go!“ böse fortwinkt, sind wir ganz schnell bei Guru im Auto. Puh! Wir scherzen noch eine ganze Weile darüber, ob man uns wohl beim Verlassen des Lands am Flughafen mit Haftbefehl ins Flughafengefängnis stecken wird wegen dieser Aktion.

Wieder sind wir froh um unseren Fahrer und den Wagen, denn wir schauen uns 3 weitere Hotels an, günstige, teure, schäbige und luxuriöse. Im Vatika Hotel finden wir einen wunderschönen Garten und zweistöckige Steinbungalows, nette Mitarbeiter und ein schönes Dreierzimmer, das wir uns mit Julia für die nächste Nacht teilen wollen. Perfekt!

Dschungelsafari im Ranthambore Nationalpark

Wir chillen eine Weile im Garten, genießen die warme Sonne, bis wir um 14:00 Uhr abgeholt werden zur Jungle Safari. 20 Gäste finden auf den Sitzen des großen offenen Jeeps Platz, wir sitzen recht weit vorne, fahren fast 3 Stunden durch den Ranthambhore Nationalpark und sehen ein Krokodil, Hirsche, Schweine, Pfaue und exotische Vögel. Obwohl der Jeep an mehreren Stellen für eine Viertelstunde hält, sehen wir leider keine Tiger. Man kann ja nicht alles haben.

Nach dem Abendessen machen wir es uns mit dem Hotelbesitzer um einen Feuerkorb gemütlich und erfahren vieles aus seinem Leben, aus seinem Beruf als Grundschullehrer im Nachbardorf und über das Kastensystem in Indien und wie wichtig es heute wirklich noch ist. Es sind genau diese Begegnungen mit Menschen, die einem ein Land näherbringen können. Auch die Spanier Rosa und Joseph setzen sich zu uns, sie leiten eine Tauchschule auf den Malediven und machen Urlaub in Indien. Die beiden werden wir während unserer Rajasthan-Tour noch viele weitere Male treffen.

Im Eiltempo nach Jaipur

Am nächsten Tag darf unser Fahrer Guru beweisen, dass er uns trotz schlechter Straßen auch auch mit hoher Geschwindigkeit noch sicher ans Ziel bringen kann. Wir haben es eilig, denn Guru hat mit Julias Airline ausgemacht, dass wir heute einen Boten treffen sollen, der Julias Rucksack bringt, welcher inzwischen in Delhi sein soll. In Rekordzeit erreichen wir Jaipur, die Hauptstadt Rajasthans.

Wir checken für etwas mehr Geld in einem schnuckligen Hotel ein, haben freies Internet und ein richtig sauberes Zimmer. Der Rucksack kommt nicht wie versprochen um 13:30 Uhr, auch kommt der Bote nicht mit dem Zug um 15:00 Uhr, und auch um 18:00 Uhr ist er noch nicht da. Julias Hoffnung auf ihr verlorenes Gepäck schwindet, jetzt ist sie schon fast eine Woche ohne unterwegs und konnte lange genug lernen, dass man auch wirklich nur mit dem Allernötigsten auskommen kann. Nach dem Abendessen, es ist 21:00 Uhr, sehen wir Guru mit jemandem, der ein großes schwarzes Teil auf seinen Schultern trägt: Julias Rucksack ist da!

Wir können es kaum fassen, und sogleich folgt die feierliche Auspack-Orgie. Wir hatten Julia eine kleine Einkaufsliste nach Berlin geschickt mit Dingen, die wir unterwegs nicht bekommen können. Wir errichten einen kleinen Schrein mit den Mitbringseln: Neben Blumen und Buddhas tummeln sich jetzt eine Familienpackung echte deutsche Tempos, ein Deo, zwei „Rei in der Tube“, ein Buch für Marsi, Marzipankartoffeln und eine Packung Mozartkugeln! Die Freude ist riesig, auch über alles andere, das Julia nun endlich wieder hat.

Beim Frühstück erkennen wir Julia kaum wieder: Sie trägt nicht die von Marsi ausgeliehenen Funktions-Shirts, sondern ein buntes Top und eine passende Hose! Wir besuchen die Sehenswürdigkeiten von Jaipur und verbringen zuerst 2 Stunden im Amber Palace, einem alten Fort weit über der Stadt. Auch den City Palace lassen wir uns nicht entgehen. „Pink City“ wird Jaipur auch genannt, in der inneren Altstadt haben alle Gebäude eine Fassade in pink. Genau genommen ist es nicht pink, sondern ein schmutziges Rostrot, das die Häuser ziert.

Trotz Pink City, Amber und City Palace hat Jaipur vor allem das, was jede andere indische Großstadt, die wir sehen, auch hat: viel zu viel Verkehr, abartigen Lärm, Fäkalien und Müll überall. Auf der Suche nach einem gemütlichen Cafe finden wir lediglich ein zumindest von unten gut aussehendes Hotel mit einem Rooftop Restaurant. Von gemütlich ist innen und oben auf dem Dach aber keine Spur, zum Glück müssen wir in diesem Hotel nicht wohnen.

Schlaflos in Pushkar

In 3 Stunden fahren wir nach Pushkar, hier soll es gemütlicher zugehen, kein Großstadtlärm, keine hupenden Autos, kein Gestank. In der Tat ist Pushkar viel kleiner als die anderen Städte und hat einen kleinen See mitten in der Stadt. Wir steigen im Pushkar Lake Palace ab und entscheiden uns für 2 gemütliche Zimmer mit Blick auf See und Fort.

Bevor wir über die folgende Nacht schreiben, wird es Zeit, ein paar Worte über die Hotelbezeichnungen in Indien zu verlieren. Wenn hier etwas „Villa“, „Palace“ oder „Resort“ heißt, bedeutet das gar nichts. Oft stellen wir fest, dass von außen alles gar nicht schlecht aussieht, meistens sind auch die Zimmer prima, bei den Matratzen trennt sich dann das Spreu von der Erbse in der Morgenstund, oder wie auch immer das Sprichwort heißen mag. Richtig interessant wird es im Badezimmer. Bis auf wenige Ausnahmen haben wir in Indien kein Badezimmer gesehen, das wir als sauber bezeichnen würden: alte ranzige Toiletten, Schimmel und Wasserflecken an den Wänden, verrostete Armaturen wechseln sich ab oder kommen alle zusammen auf einmal.

Zurück zur Nacht: Trotz Pushkar und Kleinstadt haben wir eine der schlechtesten Nächte in Indien. Da eine der Fensterscheiben fehlt, zieht es nachts unangenehm kalt zu uns herein, wir sind froh um unsere Schlafsäcke. Durch das Fehlen der ständigen Straßenlärm-Geräuschkulisse fallen die 50 Autos, Motorräder und Busse, die während der Nacht hupend durch unsere kleine Straße fahren, erst recht auf und reißen uns aus dem Schlaf. 50 Mal. Der örtliche Hundefänger ist offensichtlich schon lange in Rente, denn gefühlte 100 Köter liefern sich stundenlang eine Bell- und Heul-Schlacht. Ich träume von Wolfsfallen, vergifteten Ködern und großkalibrigen, langläufigen Safari-Gewehren. Ach ja, Tauben gehören seit Indien auch nicht mehr zu den Tieren, die wir jemals wieder mögen werden. Dass diese Lärm machen können, wissen wir spätestens seit Pushkar. Um 5:00 Uhr hören wir eine halbe Stunde lang die Glocken aus dem nahegelegenen Tempel. Als dann gegen 7:30 Uhr noch jemand auf unserem Zimmer anruft und nach 1 Mal klingeln wieder auflegt, ist die Nacht endgültig vorbei.

Endlich ein richtiges Hotel

Zum Glück ist auch Julia früh wach, sie begrüßt uns sichtlich genervt beim Frühstück mit „Das kann’s ja wohl nicht sein!“. Damit ist klar, dass wir unsere Rucksäcke schon wieder packen und uns eine neue Unterkunft suchen. Guru hat Geduld und zeigt uns 3 Hotels, aber erst das vierte überzeugt uns: Im New Park Hotel bekommen große Zimmer mit Blick auf einen schön angelegten Garten etwas außerhalb der Stadt für etwas mehr Geld als normal (900 INR, 15 Euro pro Nacht). In Pushkar wollen wir aber ein paar mehr Nächte verbringen, weil wir inzwischen alle eine Erkältung haben mit Husten und Schnupfen. Das New Park Hotel scheint uns genau der richtige Ort zu sein, um ein bisschen nichts zu tun, unsere Wäsche zu waschen und in der Sonne zu faulenzen. Tatsächlich bekommen wir in den folgenden Nächten mehr Schlaf, essen zur Abwechslung mal kein Naan, Aloo Paranta und Masala Paneer, sondern echte italienische Pizza vom Steinofen und fantastische Falafel. Pushkar gefällt uns jetzt viel besser, wo wir außerhalb wohnen und eine Viertelstunde zu Fuß in die Stadt brauchen, um in der kleinen autofreien(!) Innenstadt zu bummeln. Autofrei bedeutet leider nicht motorrad- und hupfrei.

Mittendrin in Jodhpur

Unsere nächste Station ist Jodhpur, eine weitere Großstadt Rajasthans, die „Blue City“. Hier sind nicht nur die Häuser in der Innenstadt in blauer Farbe, sondern die Farbe zieht sich durch die gesamte Stadt, ein schönes, milchiges himmelblau. In der Stadtmitte gibt es einen sternförmigen Markt um einen Clocktower, Guru bringt uns in Millimeterarbeit mitten in der Rushhour durch das Gewusel aus Menschen, Motorrädern, Autos und Kühen.

Als erstes schauen wir ein Heritage Resort an, ein umgebautes altes Fort aus längst vergangener Zeit. 80 Euro für eine Nacht ist uns aber doch eine Spur zu teuer, so dass das gleiche Spiel wieder von vorne beginnt. 3 Guesthouses später checken wir bei Hare Krishna ein. Hier gibt man sich wirklich Mühe mit der Zimmereinrichtung, auf den nahegelegenen Tempel achten wir leider zu spät. Ihr wisst, dass das bedeutet, dass die Nacht um 5:00 Uhr für eine halbe Stunde zumindest unterbrochen wird. In der chilligen Rooftop-Lounge wird erstklassiges Abendessen serviert.

Den Abend verbringen wir mit arbeiten, ja! Im Erdgeschoss dürfen wir unser Laptop über ein Kabel ans Netzwerk anschließen, WiFi gibt es hier nicht, aber das Internet ist schnarchend langsam. Steht nicht draußen auf dem Schild des Guesthouses, direkt unter „Highly recommended by Lonely Planet“, etwas von „High Speed Internet 115 Mbit/s“? Das wäre mehr als eine übliche Fast-Ethernet-Karte hergibt! Ich bin ja schließlich Ingenieur und war Netzwerkadministrator bei einer großen Internetfirma, wäre doch gelacht, wenn wir da nicht was machen könnten.

In einer guten Stunde bauen wir das Computer-Setup aus PCs und einem DSL-Router komplett um, so dass die Subnetze zueinanderpassen und der Router auch wirklich der Router ist. Ob die Mitarbeiter heute noch wissen, warum dieses Setup besser ist als vorher und ob sie es im Fehlerfall administrieren können, wissen wir nicht. Immerhin müssen wir für die weitere Nutzung des Internets nichts bezahlen.

Tja, und die Nacht … Jodhpur ist eine Großstadt, wir sind mittendrin. Was bedeutet das? Hundegeheul die halbe Nacht. Kurz nachdem der Muezzin um 5:00 Uhr fertiggesungen hat, hören wir die Tempelglocken von nebenan, nur dieses Mal mit einem Beat unterlegt. Durch Jodhpur führt offensichtlich eine Zuglinie, und die Züge hupen die ganze Nacht. Und etwas Neues kommt dazu: Eine Sirene weckt uns zusätzliche 2 Mal. Noch Fragen?

Am Mittag des nächsten Tags erkunden wir Mehrangarh, das große Fort, das wir schon vom Rooftop aus sehen konnten, es ist greifbar nah und nur eine Viertelstunde zu Fuß entfernt. Ein Tuktuk bringt uns danach zum berühmten Markt um den Clocktower, wo wir die nachmittägliche Hektik jetzt ganz direkt und ohne Autoscheiben dazwischen auf uns wirken lassen können. Auch die nächste Nacht wird nicht besser, weder Züge, Tempel noch Muezzins haben Urlaub.

Julia verlässt uns

Heute wird uns Julia verlassen. Auch wenn wir die komplette Rajasthan-Tour mit ihr zusammen geplant und gebucht hatten, wurde in ihr doch der Ruf nach Ruhe, Entspannung und Strand jeden Tag ein bisschen lauter. Am Vortag hatte sie einen Flug nach Goa in Südwestindien gebucht, hier soll es all das geben! Wir fahren mit Guru zum Flughafen von Jodhpur und drücken Julia herzlichst, wünschen ihr alles Gute, frohe Weihnachten und was man sonst noch alles brauchen kann. 11 Tage zu dritt liegen hinter uns, wir haben uns viel zu schnell daran gewöhnt, dass immer jemand dabei ist, zum reden, zum ausheulen, zum Spaß haben, zum verhandeln in Unterkünften, zum shoppen und um Smalltalk mit unserem Fahrer Guru zu halten.

Liebe Jule: An dieser Stelle möchten wir dir herzlichst für die wundervolle und stressfreie Zeit danken, die wir mit dir verbringen durften. Wir hoffen, dass wir dich bald wiedersehen, du weißt schon wann und wo. ;-)

Ab sofort müssen wir uns also wieder alleine durchschlagen, wir sind es ja gewohnt, trotzdem ist es eine Umstellung. Marsi wird mit unserem Fahrer Guru immer noch nicht so richtig warm, ich darf deswegen den Smalltalk-Vordersitz-Platz von Julia einnehmen und muss Marsi immer wieder bremsen, wenn sie Guru zu sehr angeht, obwohl er es eigentlich nur gut meint.

Im nächsten Artikel lest ihr, wie wir uns ohne Julia auf den Weg in die Wüste nach Jaisalmer und wieder zurück nach Delhi machen. Für einige Überraschungen ist natürlich gesorgt. Hier findet ihr außerdem viele Fotos der ersten Hälfte unseres Rajasthan-Trips mit Julia: