Hier sitzen wir in der Sonne auf der Dachterrasse vom Thorong Peak Guesthouse in Nepals Hauptstadt Kathmandu. Im T-Shirt ist es schon morgens um 9 Uhr zu warm, wir genießen die Temperaturen aber sehr. Die letzten Tage waren anstrengend und unglaublich schön. Aber wir fangen mal ganz vorne an:

Tag 1 • Von Lhasa nach Shigatse über den Yamdrok Lake

Am Montag haben wir unser letztes Frühstück in Lhasa, schon stehen zwei Landcruiser bereit, die unsere 7-köpfige Gruppe in 5 Tagen nach Nepal bringen sollen. Ein neuer Guide, nennen wir ihn Tsampa, wird uns begleiten. Er spricht zwar Englisch, aber selbst die Engländer und US-Amerikaner in unserer Gruppe verstehen höchstens die Hälfte von dem, was er erzählt. Insgesamt sind wir zu zehnt mit 2 Fahrern, 5 in jedem Fahrzeug. Unser Gepäck findet zum Glück im Kofferraum Platz und muss nicht aufs Dach.

Als wir Lhasa verlassen, geht es steil bergauf, viel zu steil für unseren Geschmack, denn die beiden Fahrer geben alles. In den engen Serpentinen kurz vor der nächsten Kurve nochmal kräftig aufs Gas drücken, nur um dann wieder herunterzubremsen. Sicherheitsgurte sind hier zwar Pflicht, zumindest für den Fahrer. Tage später wird unser Fahrer bei einer Kontrolle ermahnt, dass er den Sicherheitsgurt anlegen soll, was er auch tut. Zumindest bis die Polizisten uns nicht mehr sehen können. Wir müssen nicht erwähnen, dass es das Ding neben dem Sitz, wo man üblicherweise den Gurt einsteckt, überhaupt nicht gibt, auch nicht beim Fahrer. Welch Ironie! Auf den hinteren Sitzen gibt es überhaupt keine Gurte. Egal, wir vertrauen den Fahrern und schreien eben ab und an, wenn der Landcruiser in der Kurve wieder rutscht und der Abhang näher kommt. Nach 2 Stunden erreichen wir einen Pass, über 5.000 m sind wir jetzt hoch.

Unglaubliches offenbart sich hier: Auf der anderen Bergseite liegt einige hundert Meter unter uns der Yamdrok Lake. Ein riesiger Bergsee, blau, türkis und grün zugleich, absolut fesselnd. Wir machen eine halbstündige Pause für Fotos. Für 10 RMB (0,10 Euro) kann man sich hier mit einem tibetischen Hut auf einem zotteligen Yak fotografieren lassen. Uns genügt der See.

Es geht wieder nach unten, bis wir am steinigen Ufer des Sees eine weitere Pause einlegen. Wir bauen uns wie so oft ein kleines Häuschen aus Stein, nach dem buddhistischen Glauben für die Zeit nach der Zeit auf dieser Welt, damit wir es auch dann schön warm haben.

Beim Mittagessen im nächsten Dorf bekommt Marsi Kopfschmerzen, innerhalb weniger Minuten werden diese so stark, dass die beiden Finnen unserer Gruppe ihr Sauerstoff aus einer handlichen Flasche anbieten, die sie sicherheitshalber in China gekauft haben. Es hilft nichts, die nächsten Stunden werden für Marsi zur Qual. Wir rätseln, ob es wohl die Höhe ist und was wir dagegen tun können. Um es vorwegzunehmen: Es war nicht nur die Höhe, sondern die Kombination aus Höhe und Migräne, am Abend ging es ihr schon wieder besser, und am Mittag des nächsten Tags war alles wieder gut.

Auf jedem Pass in Tibet sind unzählige Gebetsfahnen, die die Durchfahrt an der höchsten Stelle verzieren. Bald erreichen wir einen weiteren Pass und genießen die Aussicht. Wie gemalt liegt ein grüner See unter uns, Berge ringsum, das Wetter ist wie immer traumhaft, keine Wolke ist zu sehen.

Die nächste Sehenswürdigkeit lassen wir aus und verbringen die Zeit im Auto, wo es Marsi etwas besser geht. Um 19:30 Uhr erreichen wir unser Ziel für heute, Shigatse. Im Yak Hotel checken wir ein, wo uns ein erstaunlich nobles Zimmer erwartet. Mit zwei Münchnern, die wir an der Rezeption kennenlernen, machen wir uns auf, um etwas Essbares zu finden. In Shigatse ist spontan Stromausfall, bis auf wenige Lichter ist es komplett dunkel. Wir setzen uns in ein gemütliches Restaurant, wo wir bei Kerzenschein zu Abend essen.

Tag 2 • Shigatse, Lhaze und ein eisiges Zimmer in Shekar

Nach einem stärkenden Frühstück am nächsten Tag gehen wir in die Apotheke, um ein Medikament gegen meinen Schnupfen zu besorgen. Seit der Ankunft in Lhasa leidet meine Nase unter der extrem trockenen und kalten Luft, ein leichter Schnupfen hat sich eingestellt. Nur mit Hilfe unseres Guides können wir dem Apotheker erklären, dass uns ein pflanzliches Medikament genügt und wir keine Chemie brauchen. Was genau er uns dann gibt, wissen wir nicht, außer chinesischen Zeichen ist nichts auf der Packung, was wir lesen können.

Um 9:15 Uhr geht es los zur Tashilhunpo Monastery, die wir eine Stunde lang besichtigen. Auch hier riecht es wie immer nach Räucherstäbchen und Yakbutterkerzen. Da unser Guide in der Zwischenzeit die Permits für das Everest Base Camp besorgt, sind wir ohne ihn unterwegs, seine Erklärungen hätten wir ohnehin höchstens zur Hälfte verstanden.

In der nächsten Stadt Lhaze gibt es Mittagessen, wir warten ewig darauf. Nachdem wir drei Mal nachgefragt haben, wo denn unser Egg Fried Rice wohl bleiben mag und zwei Mal jemand mit Yak Fried Rice vor uns steht, bekommen wir unser Gericht endlich: Chicken Fried Rice. Ohne Egg, na gut. Die ganze Küche dampft und raucht, wir sitzen mittendrin, fast unerträglich ist der Gestank.

Der nächste Pass liegt auf 5.100 m, hier sehen wir ihn erstmals, den höchsten Berg der Welt, den Mount Everest. Noch ist er weit entfernt, aber wir sehen ihn ganz genau. Wie weit genau, lässt sich kaum schätzen, da die Sicht so klar ist, dass er viel zu nah erscheint.

In Shekar (New Tingri) kommen wir um 17:30 Uhr an, wir checken ins Hotel ein, das für uns reserviert wurde. Von einem Gang gehen zwei Handvoll Zimmer ab, bereits jetzt finden wir es bitter kalt, im Zimmer ist es ohne Sonne noch kälter. Im ersten Zimmer ist die Toilettenschüssel braun von dem, was unsere Vorgänger dort hinterlassen haben. Das Spülwasser fließt nicht ab. Wir schauen ins Nachbarzimmer, hier kann man die Tür zwar abschließen, doch mit einem dezenten Drücken öffnet sich das schwache Schloss widerstandslos. Warmes Wasser gibt es hier nur aus Thermoskannen, die im Gang bereitstehen. Duschen werden wir also bestimmt nicht, so viel steht schon mal fest.

Da hier außer uns keiner ist, tauschen wir kaputtes Schloss gegen braune Toilette und begeben uns in die Bar nebenan. Ein riesiges Zelt mit einer Bar in der Mitte und vielen gemütlichen Couches ringsum. Als die Sonne untergeht, wird es augenblicklich kalt. Richtig kalt. Nach einem Abendessen im angrenzenden, ungemütlichen Restaurant gehen wir auf unser Zimmer. Erstmals packen wir unsere Schlafsäcke aus, denn die Decken auf den Betten werden uns ganz bestimmt nicht warmhalten können. Eine weise Entscheidung, wie wir einfach feststellen können: Das Thermometer zeigt nicht ganz 8 Grad. Wir sind froh um unsere guten Schlafsäcke und fragen uns, wie viele Decken die anderen Mitglieder unserer Gruppe wohl über sich stapeln müssen, um wenigstens ein bisschen schlafen zu können.

Am nächsten Morgen soll es schon um 6:00 Uhr losgehen, wie uns der Guide am Nachmittag offenbarte. Rechtzeitig zum Sonnenaufgang wollen wir einen Pass erreichen, so verstehen wir ihn. Im nächsten Teil dieses Berichts könnt ihr lesen, wie sehr sich das Aufstehen lohnen wird und mit welchen Ausblicken wir entschädigt werden.