Wie so vieles haben die Aussies (Australier) auch den Linksverkehr von den Engländern geerbt. Viele von euch haben vielleicht schon Erfahrung damit und wissen, wie es geht. Andere denken, dass es doch wirklich kein Problem sein kann, auf der anderen, „falschen“ Seite zu fahren. Ist es auch nicht. Nicht mehr zumindest. Aber wir hatten Respekt davor und wollten uns nicht überschätzen. Es geht immerhin um hohe Geschwindigkeiten und Straßenverkehr und wir wollen am liebsten in keiner Statistik auftauchen, weder in der über Unfälle noch in der über Verkehrssünder.

Für viel Geld buchen wir bei Spaceships das „Stressfree Package“, das uns finanziell und versicherungstechnisch schon mal den Druck nimmt. Aber fahren müssen wir schon noch selbst. Marsi macht den Anfang, als wir Gabi in einem nördlichen Vorort von Brisbane abholen. Sie dreht eine kurze Proberunde, die Straße vor und zurück, kein Problem. Bereits Wochen vorher scherzen wir oft darüber, dass wir an möglichst vielen Stellen im Cockpit Schilder mit der Aufschrift „LINKS!“ anbringen sollten.

Wir verlassen das Spaceships-Büro und sind schlagartig mittendrin im Linksverkehr, es gibt keine Probezeit und auch keinen Übungsmodus mit mehreren Leben. Marsi schlägt sich wirklich gut, auch ich mache am nächsten Tag einen guten Eindruck. Nach ein paar Tagen haben wir uns an den Linksverkehr gewöhnt, nach 3 Wochen fühlt sich rechts fahren schon falsch an, wenn wir es auf leeren Straßen mal spaßeshalber testen.

Die vielen fremden Verkehrsschilder verwirren uns anfänglich, doch eigentlich ist alles ganz einfach. Schneller als 110 km/h darf man sowieso nirgends fahren, die Strafen für alle Verkehrssünden sind drastisch und wir halten uns lieber an die Vorschriften. Auch die eigenwilligen Schilder, die Parken erlauben oder verbieten, teils für eine bestimmte Zeit oder Uhrzeit oder Wochentage, lernen wir schnell kennen. Ein paar Mal zu früh abbiegen gehört auch dazu, denn wir brauchen eine Weile um herauszufinden, dass Richtungsanzeige-Schilder immer mehr als rechtzeitig installiert sind.

Immer wieder gefallen uns die unzähligen gelben quadratischen Schilder, die uns vor Kängurus, Koalas, Wombats, Kühen, Schafen oder ganz allgemein vor „Wildlife“ warnen. Außer in der Dämmerung bekommen wir allerdings keine lebenden Tiere direkt auf der Straße zu sehen, außer 2 hüpfenden Kängurus und einer Kuhherde. Von den 8 toten Kängurus am Straßenrand (in den gesamten 4 Wochen) haben wir Miniru bis heute nichts erzählt und ihr verratet es ihm natürlich auch nicht.

Über Gabis Automatikgetriebe sind wir mehr als glücklich. Wir wollen jedem Linksverkehr-Anfänger unbedingt empfehlen, die ersten Versuche mit Automatik zu starten, denn man muss sich auf so vieles konzentrieren und der Schaltknüppel ist sowieso auf der falschen Seite.

Aber da gibt es noch diese eine Sache, mit der Marsi auch am Ende unserer Zeit in Australien immer noch zu kämpfen hat. Jeden Tag aufs Neue, immer und immer wieder. Der Blinker. Dieser verdammte Blinker. Wieso ist der auf der falschen Seite? Zu Hause jahrelang darauf getrimmt und gewöhnt, den Blinker mit der linken Hand zu bedienen, befindet sich bei Gabi links aber der Scheibenwischer. Dieser wird, wie ab und an üblich, nach unten aktiviert, nach oben kann man den Hebel nicht bewegen. Was bedeutet das? Richtig: Beim Linksblinken vor dem Linksabbiegen oder Überholen kann ich es mir vom Beifahrersitz einfach nicht verkneifen: „Oh, es regnet?“